Die Schweigende

Erst haben wir davon gesprochen
– du hörtest freundlich zu –,
ob unsre alten Männerknochen
sich niemals in den Hörselberg verkrochen . . .
Und du?
Er sagte: »Ach, ich bin ein böses Luder!
Die Frauen fehlen mir.
Ich fresse jedes Jahr ein halbes Fuder,
wild tobt mein Herz, stäubt nur ihr weißer Puder . . . «
Was klopft denn dir?
Er sagte: »Rausch! Nur Rausch vor allen Dingen!
Vor dem Verstand verblich
schon manche Göttin mit den Strahlenschwingen –
Mich packt es jäh, wenn meine Sinne singen . . . «
Und dich?
Ich sagte: »Rausch ist eine schöne Sache,
deckt er uns zu.
Doch geben Sie mir auch die eine wache
Sekunde nur, in der ich rauschlos lache . . . «
Und du?
Du sprichst kein Wort. Du siehst nur so auf jeden
von uns – und während alles weit verklingt,
und während wir voll Männerweisheit reden:
blitzt auf in einem dunkeln Garten Eden
dein sieghafter Instinkt.

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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1919. Die Schweigende. Die Schweigende. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-63BD-2