Saisonarbeiter

Zehntausend polnische Schnitter,
die kommen nach Deutschland hinein;
es wollen die pommerschen Ritter
billig bedienet sein.
Die beschimpfen den deutschen Arbeitsmann,
weil der ihr Fressen nicht essen kann
und nicht wohnt in dem Lumpenquartier.
Und es erläßt der Herr Aristokrat
ein Landarbeiter-Inserat
auf Zeitungspapier,
auf Zeitungspapier,
auf polnischem Zeitungspapier.
Zehntausend Ärmste der Armen,
die treten zur Arbeit an,
bewacht von den Gendarmen,
daß keiner auskneifen kann.
Sie schuften für ein paar Zettel Geld.
Bringt die Arbeitersfrau ein Kind zur Welt,
dann näselt der Kavalier:
»Was sind denn das für Schweinerein?
Wäsche –? Wickeln Sie das doch ein
in Zeitungspapier,
in Zeitungspapier,
in schlesisches Zeitungspapier –!«
So werden Proleten betrogen,
so werden Kinder gemacht.
Sie liegen in Zeitungsbogen
und brüllen die ganze Nacht.
Und könnten sie lesen, so läsen sie gleich
von dem herrlichen, dem Deutschen Reich
und von proletarischer Gier.
Wirf, Arbeiter, aus deinem Haus,
die arbeiterfeindliche Presse heraus!
Und wisch dir deine Augen aus
mit dem Zeitungspapier,
mit dem Zeitungspapier,
mit Hugenbergs Zeitungspapier –!

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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1930. Saisonarbeiter. Saisonarbeiter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-6C73-B