7.

Zwar keinen Freund, der gleich geliebt den Musen,
Begeisterung entzündend und empfangend,
Im schönen Taumel sänk' an diesen Busen,
Kein Mädchen hab' ich, das am Arm mir gienge,
Wenn mich der Gott beseelt, schon auf der Lippe
Das heiße Lied mit einem Kuß empfienge.
Kaum blieb mir die Erinn'rung noch an beides,
Doch, ach, es ist nicht der vergangnen Freuden,
Nur die Erinnerung vergangnen Leides.
Mein Umgang, meine Freunde sind die alten
Entblößten Felsen, der umrauschten Klippen
Schwermüthige gigantische Gestalten.
Denn wie die Insel fern vom festen Lande
Verlassen ruht, so knüpfen mich ans Leben
Nicht mehr beglückende beglückte Bande.
Wohl bin ich einsam, bin ich abgeschlossen,
Mein einzig Gut ist, meine einz'ge Habe,
Was ich gelitten, was ich einst genossen.
Dem Meere gleich, seh' ich im Wellenzuge
Der Menschheit Wechselstrom vorüber treiben,
Ich folge nicht mehr seinem falschen Truge.
Doch wie der Fels nicht mehr im Spiel der Wogen
Und Winde sich vergnügt, die seine Pfeiler
In ew'ger Wiederholung stets umzogen;
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Wie hier der Aloe stolz Gewächs erblühet,
Dort Indiens Feige, Palmen und Oliven,
Hier saft'gem Laubgrün die Orang' entglühet:
So ist nicht unfruchtbar mein stilles Leben,
In Fülle reifen goldne duft'ge Früchte,
Im Sonnenschein die Edelste der Reben.
Wird sie zuletzt der schöne Gott bemeistern,
So wird sie euch, zu reinem Wein verwandelt,
Als feuriger Gesang das Herz begeistern.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Waiblinger, Wilhelm. Gedichte. Oden und Elegien aus Rom, Neapel und Sicilien. Oden aus Neapel und Lieder aus Capri und Sorrent. Lieder aus Capri. 7. [Zwar keinen Freund, der gleich geliebt den Musen]. 7. [Zwar keinen Freund, der gleich geliebt den Musen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-8A43-1