Die neunundachtzigste Fabel.
Von einem Hunde.
Mir ward von Straßburg neulich kund:
Da saß ein bürger, het ein hund,
Den er mit fug und ungefug
Glert, daß er im den korb nachtrug.
Wenn er zu markt kauft fleisch und fisch,
Käs, eir, und was man darf zu tisch,
Pflag er, wie im sein herr tet sagen,
Im selben korb fein heim zu tragen,
Daß sich nicht bkümmern dorft derhalb.
Einst kauft er von eim feißten kalb
Ein braten und die kuttelflecken,
Tets in den korb zusamen stecken
Und gabs dem hund, wie er sonst pflag,
Und sprach: »Nims hin und heimhin trag!«
[85]Er gunt den korb ins maul zu faßen
Und trug in durch ein lange gaßen.
Da warn vil hund, die in anzannten
Und sich all über in ermannten,
Umbs selbig fleisch sich mit im bißen,
Daß im zuletst den korb entrißen;
Denn ir war sunst ein ebner stoß,
Und waren im auch vil zu groß,
Daß er sich dleng nit kunt erwern.
Huben das fleisch an zu verzern,
Fraßens und hetten ein groß gedös,
Bißen sich weidlich umb das krös.
Er dacht: es wil den ritten han!
Und nam sich auch des freßens an.
»Sihe wol, es wil verzeret sein!«
Fraß serer denn der ander kein.
Bei disem hund wird warnung tan:
Wo etwan ist ein biderman
In kriegs not, in der bösen zeit,
Wenn Hans Marter und bruder Veit
Mit großen rotten bei im hausen,
Durch alle winkel nemlich mausen,
Gar unziemlich freßen und saufen,
Auf daß ja nichts mög überlaufen,
Der kan nit baß in solcher sach,
Denn daß er sich mit in frölich mach
Und zech, gleich wie die andern tun;
Im wird doch sonst nit mer davon.