Die sechzehnte Fabel.
Vom Jüngling und einem Wolfe.
Es war ein frischer jüngeling,
Derselb zu seinem vatter gieng
Und sprach: »Ich kan nicht also bleiben,
Drumb helft mir, daß ich möge weiben;
Und weil ir seid an gütern reiche,
Kan wol erneren zwo zugleiche.
Erzeigt euch billich in den sachen:
Ists eine müe ein hochzeit machen?«
Der vatter sprach: »Mein lieber son,
Ich bitt, far mit der sachen schon:
Es ist auch wol bedenkens wert,
Ist nit als wenn du keufst ein pfert,
Welchs du magst nach deim willn verkaufen
Oder laßens naus ins gras laufen.
Des hast du mit dem weib nicht macht;
Darumb die ding erst wol betracht.
Ists daß du wilt meins rats geleben,
Laß dir zum ersten eine geben,
Mit ders ein jar versuchen tust.
Hastu denn nach zu einer lust
[14]Und kanst den fürwitz ja nicht stillen,
So nim noch ein, hab deinen willen.«
Er tet im so, nam eine vor,
Die het er bei eim halben jar.
Begab sichs, daß die leut in stetten
Zamen ein wolf gefangen hetten
Lebend, der het vil kü zerrißen,
Vil kelber, schaf und lemmer bißen.
Ratschlagten, welche straf und pein
Für solche mistat gnug möcht sein,
Das woltens für ein urteil fell.
Da sprach derselbig jung gesell:
»Wolt irn strafen an seel und leib,
So rat ich im, gebt im ein weib,
Die im, wie mir, das mus kan kochen,
So habt ir euch an im gerochen.«
Wem solcher unfall ist beschert,
Daß im ein solche widerfert
Als Herodias und Jesabel,
Der hat hie mer denn eine hell.