Die neunundsiebzigste Fabel.
Von zweien Maulwerfen.

Von art sein alle maulwerf blint,
Kein sehenden man nimmer findt.
Zwen lagen zamen in der erden,
Da sie ernert und gboren werden.
Zu seinem vatter sprach der klein:
»Lieber, was mag das neues sein?
Ich riech ein starken gschmack vom broten
Und vom fleisch, als obs wer gesoten.«
Nit lang darnach sprach abermol:
»Sih doch, was ich dir zeigen sol:
Ein hohen ofen wol durchhitzt,
Und wie das feur fast umbher blitzt!«
Bald über eine weil nit lang
Sprach er: »Ich hör ein hellen klang
Von hämmern auf ein amboß schlagen:
Was wunders wird sich nun zutragen?«
Des lacht der alt, sprach: »Liebes kind,
Ich halt, du bist nit allein blind,
Du hast die nasen und die orn,
Wie mich dunkt, zum gesicht verlorn.«
Es ist mancher so gar rumretig,
Sich selb zu preisen wundertetig,
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Fert oben aus, sich nergn anstößt,
Doch sich zu mermaln selber tröst:
Wenn er groß von im selber gicht,
Sich oft in seiner red verspricht
Und wird im kleinen lügen straft,
Da er sich großes lobs verhofft.
Wer sich liegens wil understan,
Der muß ein frisch gedechtnus han.

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TextGrid Repository (2012). Waldis, Burkhard. Fabeln. Esopus. Zweiter Theil. Das dritte Buch. 79. Von zweien Maulwerfen. 79. Von zweien Maulwerfen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-8E22-9