Die vierundfunfzigste Fabel.
Von einer Frauen und dem Arzte.
Als ein weib krank war an irm gsicht,
Daß sie beinahe kunt sehen nicht,
Sie kriegt ein arzt, dem tet sie loben,
Wenn er ir hülf, geschenk und gaben;
Jedoch bedinget sie daneben,
Wenn er nit hülf, wolt sie nit geben.
Der arzt het wol ir list vernommen,
Gedacht demselben für zu kommen.
So oft er zu ir gieng ins haus,
Nam etwas mit und trugs heraus.
Darnach die frau auch sehend ward:
Der arzt fordert sein lon so fort.
Die frau im den zu geben weigert,
Drumb er sie vor gerichte steigert.
Die frau im da gestendig war,
Daß sie im het verheißen, bar
Zu geben ein bestimte summen,
Wenn sie ir gsundheit het bekummen;
Daß er aber sprach unbedacht,
Wie er sie het gesund gemacht,
Gestund sie im in keinem weg,
Denn sie jetzund weniger sech
Im haus von all irm hausgerät,
Denn da sie noch den gbrechen het.
[52]Es komt wol oft, daß die gesellen,
Die sich mit lügen decken wöllen,
Werden in irem strick gefangen,
In irem eignen netz behangen.