Von Esaia vom Mars, Herrn von Montmartin

1610.

Die erste strophe.

Wan ihr, götliche Liebelein,
ganz gnädiglich mir zugesaget,
als ich bei eurem brünnelein
euch zu begrüßen mich gewaget,
Durch meiner oden süßigkeit
die torheit derer kund zu machen,
die mit schimpf und unsinnigkeit
die teutsche poesei verlachen:
So machet nu, o süße schar,
jetz eure zusag mit mir wahr
und helfet meine wort recht setzen,
daß sie die götter selbs ergetzen.
Antistrophe.

Montmartin, der halbgötter zier
und von den Musen selbs geschmücket,
das lob, so ich von dir formier,
ist nicht aus fremdem schmuck gestücket;
Ich nem dazu auch nicht das lob,
dadurch dein vatter hochgeprisen,
der, marschalk, sich mit kühner prob
dem großen Heinrich groß erwisen:
[36]
In dir find ich ein ernt reich genug,
davon ich dan mit gutem fug
zusamen samle dise früchten,
dir dises opfer zu zu richten.
Epod.

Aber einer Nymfen hand
kan eh, einen kranz zu binden,
alle schönste blumen finden
in dem vollen blumenland,
Dan ich (der ich ganz verführet
von so viler tugend glanz,
welcher, wie der sternen danz
das gewölb, dein leben zieret)
zweifelhaftig nicht kan wählen
was ich erstlich soll erzählen.
Die andere strophe.

Seitenmal wan die mayestet
der gravitetischen geberden,
die frei auf deiner stirnen steht,
solt nu von mir gesungen werden:
Dein angeborne freindlichkeit,
damit du jederman gewogen,
erzeiget ihre würdigkeit,
auf daß sie werd herfürgezogen;
Wan dan zu singen ich bereit,
dein fließende wolredenheit,
will mich alsbald dein wolstand zwingen,
von seiner zierlichkeit zu singen.
Antistrophe.

Lob ich dein wissenheit und lehr,
was du gesehen und erfahren,
spricht dein verstand, daß seine ehr
und treflichkeit hie nicht zu sparen;
Will dan den glücklichen fortgang
ich deiner werken hoch erklingen,
[37]
will deine weisheit, mein gesang
soll sie des glücks ursach fürbringen,
Als welche, wegend eigentlich
all zeit und ort, beleitet dich,
und das glück, solches zu regieren,
in dein haupt pfleget zu losieren.
Epod.

Darf dan, deiner hochheit grunds
zu gedenken, ich mich wagen,
förcht ich, daß mich möcht anklagen
die züchtigkeit deines munds,
Welche ungezwungen ehret
und gern dienet jedem stand
und den gründlichen verstand
von der herzen hochheit lehret,
daß man mehr durch gunst dan prangen
kan der menschen lieb erlangen.
Die dritte strophe.

Fang ich dan an ein lobgesang
von deinem blut auf meinen saiten,
so will die tugend, der anfang
gehör ihr, dein lob auszuspreiten
Als die allein wahr, ohn betrug,
die sterbliche mit gotheit zieret
und dan mit schnell geradem flug
uns in der götter freindschaft führet.
Und sie gab Herkules beistand,
zu steigen in sein vatterland;
durch sie die zwillingstern vermehret
seind so vil auf dem meer geehret.
Antistrophe.

Auch hat sie dich in ihrem schutz
genommen alsbald du geboren;
desgleichen du der welt zu nutz
hast sie für dein gleit auserkoren:
[38]
Sie, zu vermeiden alle aaß
des wollusts, hat dich wol bereitet,
und reisend auf der engen straß
durch vil mehr länder dich beleitet,
Dan der Griech, an weisheit sehr groß,
(von dessen zung der honig floß
wie die schnee frühlingszeit zergehen
von dem gebürg) jemals gesehen.
Epod.

Alda dan bald nach und nach,
was der Griech subtil erdichtet
und der Römer süß berichtet,
die engländisch reiche sprach,
Was die Teutschen frei auslegen,
der Toscaner lieblichkeit
und der Flandrer witzigkeit,
was die Spanier auch wägen,
und was uns je zugelassen
deine jugend wol erfassen.
Die vierte strophe.

Vil andre künsten gleicher weis,
die recht den adel edel machen,
vereiniget mit deinem fleiß,
beschreien dich in allen sachen.
Apollo, dem an geist und haar
du gleichest, hat dir übergeben
die castalisch geneunte schar,
ihr singen wider zu beleben;
Und du machst, daß ich underfang,
der erst mit ungezwungnem klang,
die götter auf der Griechen saiten
teutschlieblich spilend auszubreiten.
Antistrophe.

Und wa laß ich die dapferkeit,
dadurch du Mars nicht nur von stammen,
[39]
sondern an stärk, mut, munderkeit,
ein wahrer Mars an that und namen!
Wie oft hat dein bewehrtes schwert
mit martialischen buchstaben,
die blutrot, deinen namen wert
in des feinds stolze haut gegraben!
Daher die cimbrisch starke kron
wolt sich (zu deiner tugend lohn
und ihrem preis) umsunst bemühen
dich deinem konig zu entziehen.
Epod.

Aber, zarte Liebelein,
wie geh ich mich zu verlieren?
kan ich dieses lied vollführen,
schönäugige Nymfelein?
Ach, vergönnet mir, zu weichen
seiner tugend bürd so schwer,
daß das glück sich nimmermehr
ihrem verdienst kan vergleichen;
lasset mich nu bald umwenden,
mein lied hübschlich zu vollenden.
Die fünfte strophe.

Vil tausend tugenden in dir
sih haufenweis ich um mich schweben,
daß ich nicht jeder nach gebühr
kan ihre stell in ordnung geben.
Also mein Musa irrend um
als in cretensischem irrgarten,
hat weder richtschnur, gleit noch trum
für deiner tugenden irrfarten.
Was fahr ich dan noch weiters fort,
daß ich mich nicht mach in den port,
[40]
weil es sich ja nicht will gebühren,
der götter ehr zu profanieren?
Antistrophe.

Darum beschließ ich meinen mund
und will dir mein herz übergeben,
sih, du wirst es erfinden rund,
der tugend einiglich nachstreben,
Bis einmal mit vil höherm klang
in deiner lorberkränzen schatten
die götter, von dir ein gesang
ganz neu zu singen, mir gestatten;
Wan namlich mir einmal das glück
gibt einen freindlichern anblick
und von mir die unruh und plagen,
der ungeduld frucht, wird verjagen.
Epod.

Wolan, so fahr, odelein,
zu dem, von dem du erschallen,
sag ihm, weil es sein gefallen,
mir sehr freindlich stets zu sein,
Daß ich leichtlich därf ohn grauen
(zwar fremd, jung und wenig klug)
zu den himmeln meinen flug
seiner gunst flügeln vertrauen,
flügel, deren glanz belebet
under beeden himmeln schwebet.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. Von Esaia vom Mars. Von Esaia vom Mars. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-922A-7