Von Herrn Moritzen Prinzen zu Uranien, Grafen von Nassau

Prinz Moritz, dein nam, ruhm und ehr,
darab stets deine feind verbleichen,
kan wol durch eigne kraft numehr
die himmel selbs so hoch erreichen,
[26]
Daß wer mit seiner federn spitz
vermeinet sie recht zu berühren,
derselbig wird selbs bald probieren
daß ihm gebrist scham oder witz;
Und er wär wert, seind unverstand,
der solchen hohen werks nicht schonet,
wird gar nicht mit dankreicher hand
sondern mit scharfer straf belohnet.
Drum wissend wol, wie vil zu schwach
ist meine stim, dein lob zu singen,
begehr ich nicht mit großer schmach
wie der zu stolze frosch zu springen.
Dan ja ein solche faust allein,
so von den Musen so gelehret,
als Pallas deine faust bewehret,
kan dich zu rühmen würdig sein.
So ist es auch allein billich
Apelli und sunst keinem andern
zu contrafehen eigentlich
dich, einen wahren Alexandern.
Und wan ich schon mit höchstem fleiß
dich solt erheben nach verlangen,
kan unvermehrlich wol dein preis
noch fernern glanz davon empfangen?
Sah man auch wohl zu einer stund
von einer fließend starken quellen
vermehren die flut des meers wellen
in seinem brausenden abgrund?
Nein. Dein nam leuchtet ja so sehr,
daß, welcher ein ort wolt ergründen,
da dein lob noch unkundbar wär,
der müst ein neue welt noch finden.
Jedoch gleichwie in dem abriß,
darinnen der umkreis zu sehen,
[27]
nur ein punkt, eines worts auswis
ein ganzes land gibt zu verstehen:
Also ich hie nu schlecht abmal
(eng setzend deinen weiten namen
und deiner thaten lob zusamen)
schier aller tugenden anzahl,
Damit des himmels gütigkeit
dich so freigebiglich beglücket,
daß dein nam die unsterblichkeit
und ihr histori allein schmücket.
Dan alles, was des menschen sin
für einen fürsten kan begehren,
kanst du ihn dessen mit gewin
und überfluß gar bald gewehren.
Begehrt er gotsforcht, mäßigkeit,
fürsichtigkeit, wol zu regieren,
und dapferkeit, zu triumfieren,
güt, demut, gnad, gerechtigkeit,
Verstand voll tiefer kunst und lehr,
mut und stärk, alles auszustehen,
was andern wol zu wünschen wär,
das wird er reichlich in dir sehen.
Auch hat das glück selbs mit bestand
sich deiner tugend so ergeben,
daß nichts kan deiner dapfern hand
und stärkerm herzen widerstreben;
Ja, deinem lauf kan, wan du wilt,
nichts die verhindrung verursachen,
unmöglich kanst du möglich machen,
du bist der deinen schwert und schild,
Der, wan not, forcht, angst und gefahr
anfangen über sie zu regnen,
bedecket also ihre schar,
daß sicher sie dem feind begegnen.
[28]
Was alten helden dapferkeit
hat jemals solche sig gewonnen?
und wer ist seines feinds argheit
auch fridenszeit so oft entronnen?
Was Cäsar hat so seine macht
mit solchem erzwerk und buchstaben
auf seiner feind häut eingegraben,
als du gethan in mancher schlacht?
Da dan dein schwert, von blut stets warm,
verkündigte für der welt augen,
wie fein ein stark geübter arm
und gutes recht zusamen taugen.
Zu sommers und zu winters zeit
die flüß, berg, feld und meer zu zwingen
und machen die scharmützel, streit,
belägrungen, stürm zu gelingen;
Zumal als haupt und als soldat
befelen wol und wol verrichten,
des feinds begir und werk vernichten
mit weisem rat und schneller that;
Des feinds fürhaben, list, betrug
und rat so wol als er selbs wissen,
in reizung, angrif und aufzug
so weis und klug sein als geflissen:
Auch den soldaten, der sein blut
zu frech verlieren will, erhalten,
der jungen unerfahrnen mut
nicht lassen in gefahr erkalten:
Verachten weder klein noch groß
und eines jeden art erkennen,
ein jeden selbs mit namen nennen,
beherzen jeden, der herzlos;
Das seind nu sachen, die allein
dir leichtlich all zu thun gebühren,
ja dise kunst, die eigen dein,
kont niemand noch in andern spüren.
[29]
Gleichwie ein wetter, sturm, windsbraut
ein schif mit ungestüm zerschmeißet,
mit streichen stark, stolz, schnell, streng, laut,
mast, segel, seiler, lein zerreißet:
Gleichwie auch ein tief starker fluß,
darein die wolken sich ausgießen
und die schnee von den bergen fließen
mit schnell und rauschendem ausguß
Und seinem brausend lauten zorn
ein grünes fruchtfeld bald entehret,
des baumans hofnung, freud und korn,
stöck, hecken, stauden, bäum zerstöret:
Also, und schrecklicher, hat dich
der stolze feind oft wargenommen,
daß bessere füß er für sich,
dan hände wider dich, bekommen:
Dem dunder gleich war deine stim
und wie blitz deine blick zu schauen;
der stral kan nicht so tief durchhauen,
als deiner streichen schwerer grim:
Ja deines schwertes wetterleich
von blut ein dicken regen brachten
und deine dundergleiche streich
zuschmetternd alles elend machten.
Vor dir und hinder dir der tod
mit toben, wüten, schrecken, schreien
mit forcht, graus, greuel, grim und not
den kühnesten bracht ein abscheuen.
Gespaltne köpf, händ, schenkel, wehr,
helm, schild, spieß, fahnen, pfeil und bogen
mit kuglen in dem rauch umflogen,
und das blut machte schier ein meer,
Alda feind und freind, herr und knecht,
pferd und man, all auf einem haufen
blutdürstig, from, böß, hoch und schlecht
gezwungen musten sich sat saufen.
[30]
Da sah man stärke, macht, kühnheit
begleiten dich zu beeden seiten,
da sah man glück, sig und manheit
dir folgen und dir helfen streiten;
Da sah man den luft schwarz und dick
voll pulver, bech und kuglen brennen,
und dein geschwader sigreich rennen
durch des feinds heer mit stetem glück;
Daß also du in mancher schlacht
die strafend, so uns umsunst hassen,
die höll durch sie volkreich gemacht
und ihr feld ganz einöd verlassen.
O wie vil widerwärtigkeit
wird manches schöne land erfahren,
wan got nicht deine dapferkeit
bewahrte, solches zu bewahren!
Der Griechen fruchtbarer verstand
hat nicht mehr wunderwerk erdichtet,
dan in der warheit du verrichtet
sowol mit dem haupt als der hand.
Doch vil zu fern ist dises zil
und meine schwacheit zu vermessen,
dan deine werk, weil sie so vil,
kan man nicht zählen noch vergessen.
Geschweigend deines leibs und muts,
daß sie von keiner müh müd werden;
des ursprungs deines heldenbluts
und deiner löblichen geberden;
Geschweigend deiner gnad und güt
so die gehorsame erquicket,
wie dein gerechter zorn entglücket
des aufgeblasnen feinds gemüt;
Geschweigend dessen, daß dein mund
ist viler sprachen wol erfahren,
[31]
und deiner reden, kurz und rund,
die deines haupts schatz offenbaren.
Geschweigend deiner freindlichkeit,
davon ich (ruhmhaft) gutes wissen,
dieweil ich die glückseligkeit
dein stets sigreiche hand zu küssen;
Eil ich fort, daß nicht meine jahr
sich eh, dan mein lied, möchten enden;
will auch mit gnugsamen umständen
dein lob nicht singen ganz und gar;
Weil dir ja kein held (das sei gnug!)
der vor dir in der chronik stehet,
wie immer kühn, gerecht und klug
verdiensts und tugend halb vorgehet.
Wolan, prinz, held, Mars, der welt zier,
o daß dich je nichts mög betrüben!
leb, streit, sig fort und triumfier,
daß dich die erd und himmel lieben!
Leb, streit, sig und triumfier fort,
und dan gib deiner thaten früchten
dem, welcher sie dir hilft verrichten,
bewahrend (wie du thust) sein wort!
Damit er, welcher in dem streit
dein faust zu sigen thut regieren,
gefälliglich mög fridenszeit
in seinem volk stets triumfieren!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. Von Herrn Moritzen Prinzen zu Uranien. Von Herrn Moritzen Prinzen zu Uranien. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9253-7