[3] An die kurfürstin Elisabeth

Demnach ich neulich mich bedacht,
wie ich doch möcht gebührlich lehren
der Musen eine, die mein pracht,
euch dises büchlein zu verehren;
Da kam ein jede bald zu mir,
vermeinend die ehr zu erlangen;
allein zwo kamen nicht herfür,
die sunsten doch vor andern prangen.
Die römische versagt die ehr,
weil ihr euch nicht für Rom auch neiget,
so hät die spanische vil mehr
sie euerm brudern gern erzeiget.
Die andre aber allzumal
in solches amt sich wolten dringen,
und fiengen an um dise wahl
ihr ansprach also fürzubringen.

Musa latina.

Quae splendens vagor et culta nitore per
orbem, quae ambrosium ore ab roseo jubar
fundo et nomine quos clara juvant beo,
me munus decet hoc. cedite vos, sacro
von quarum ipsa rigo pectore nectare.
The english muse.

Not so, faire muse: but she by right,
who first this goddesse taught to speake,
will now best please her eares and sight.
thus my tong shall prove your tong weake
by her sweet-flowing grace and might.
[4] La muse françoise.

Tout beau, belles; car veu la grace
de mon langage doux et net,
il vous faut (quittant vostre audace)
me deferer l'honneur de fait
que seule toutes je surpasse.
Die teutsche Musa.

Man spricht, daß eigenlob umsunst,
sonst wolt ich mich selbs bald gnug preisen;
doch höret mir nu zu mit gunst,
und meine zung soll euch beweisen,
daß sie nicht ohn lehr, lob, noch kunst.
Musa latina.

Musarum genus audax! Ego quid diu hic
contendam? genitae sic Jove maximo
certabant et Apollo quoque. Non ea
quae nostis fuerant cuncta mei genI,
germana, angla soror, gallica, dicite?
The english muse.

Thus to none of us doest thou wrong,
t' is not thine owne all thou doest know:
her to salute allone my tong
is fittest, and most fitt to show
witts and skills treasure in her song.
La muse françoise.

Contentez vous; ceste deesse,
dont le corps, le coeur, et l'esprit
n'est que beauté, grace, et sagesse
sur toutes autres me cherit,
et se delecte en ma richesse.
Die teutsche Musa.

Sagt was ihr wolt, es kan nicht sein,
und solt es euch zumal verdrießen;
ich bin ietz ihr, und sie ist mein,
will sie auch für euch all begrüßen
mit einem lied, wahr, hell und rein.
[5] Musa latina.

Cui Pallasque, Venusque, et Charites, dea,
cedunt ingenio, ac ore, decoreque,
da, caelestis Elisa, o veniam mihi,
si germana suo Musa quid ore te
compellans sapiat, nosse animo expeto.
The english muse.

O dearest dread, that doe excell
in beauties, witts and vertues treasure,
my humble hart you know full well:
then bee it to you no displeasure
if I lett speake with whome you dwell.
Le muse françoise.

Toy donc, dont le chant ne peut plaire
a tes nourissons mesmement,
chante; pour moy je ne veux faire
une querelle d'Allemand;
pour t'entendre je me puis taire.
Die teutsche Musa.

Ja, schwestern, es ist nicht so lang,
daß ihr so köstlich seid gezieret,
bei euch war auch schlecht der anfang;
doch ist es gnug gedisputieret,
seid still, ich fang an mein gesang.
Ihr keusche Nymfen diser welt,
an leib und seel so schön gestaltet,
daß ihr die ehr mehr dan das geld,
die zucht mehr, dan ein kleinot, haltet;
o all ihr Musen, deren brust
nur an der wahrheit ihren lust
und deren mund, süß wie die rosen,
erklingen kan der götter ehr
und gar nicht mit verfälschter lehr
dem lobunwürdigen liebkosen.
[6]
O kommet her, lobreiche schaar,
was auch für sprachen euch gefallen,
und lasset eure stimlein klar
durch dise weite welt erschallen
und singet mir nach, die ich nicht
ein ungegründtes wort erdicht,
ja singet mir nach, was ihr sehet,
daß namlich aller schönheit blum,
daß namlich euer ganzer ruhm
nur auf Elisa noch bestehet.
Elisa, welche als der schatz
und wunder Albions geboren,
bald durch des firmaments gesatz
für unsers lands kleinot erkoren;
Elisa, deren augen kraft
so liebreich und so tugendhaft
wir selbs oft mit verwundrung sehen,
daß an des schönsten tags anfang
die sonn selbs nicht kan von aufgang
klar, wie sie aus dem West, aufgehen.
Mit so vil süßer lieblichkeit
kan Cypris sich selbs nicht beschönen,
solt sie auch ihr holdseligkeit
von allen Gratien entlehnen;
der monat-herschend-kühle schein
ist weit so glänzend nicht, noch rein:
so mag Aurora sich lang zieren,
wan sie die schönste gern sein wolt
und richter Cephalus sein solt,
würd sie, schamrot, die sach verlieren.
Zwar ihr fürtrefliches geschlecht,
an sceptern stark und reich an kronen,
ihr machet mit verdienst und recht
der mayestet glanz beizuwohnen;
jedoch der hochmut kommet nicht
in ihr gemüt noch angesicht:
[7]
und ihre stirn, die uns erzeiget,
daß sie von allen fehlern frei,
erfindet kein herz, das getreu
sich nicht mit forcht und ehr bald neiget.
Sehr wol gedenk ich, als ihr schein
wie ein gestirn uns zu erleuchten
aus Engelland kam, wie die pein
thet ihrer Nymfen augen feuchten,
und wie Neptunus selbs den brand
von ihrer schönheit stark empfand,
daß er auch sein aug zu ergetzen
ob diser bürd so schön und zart,
verhindrend ihre überfahrt,
sie macht die anker oftmal netzen.
Wie gern het sein entzündter mut,
glückselig und nach wunsch zu leben,
sein ganzes reich und all sein gut
um diese göttin aufgegeben?
wie vil mal, wie stark, wie geschwind
macht er den tobend-tollen wind
zuwider ihrem wunsch entstehen?
bis endlich gottes starke hand,
nach seiner zusag, das Teutschland
zu segnen, ihr half weiter gehen.
Ich weiß noch und will ewiglich
gedenken, sagen, singen, segnen
die stund, da dise göttin sich
ernidrigte, uns zu begegnen;
die stund, darinnen ihr anblick,
erfüllet mit trost, heil und glück,
aus unserm mund all seufzen, klagen,
aus unsern herzen den unlust
und alle sorg aus unsrer brust
sich würdigte gar zu verjagen.
Sidher hat diser sonnen glanz
mit stetem frühling uns erfreuet
[8]
des lands berg, feld und gärten ganz
mit frucht und blumen überstreuet,
und sidher hat uns kein verdruß,
sturmwind, gewitter, finsternus,
noch winter zu vil überfallen,
daß wir also (o daß mein mund
rühm solches zu erwünschter stund!)
nichts haben, das uns kan misfallen.
Sidher ihr einige schönheit
(schönheit und fromkeit gleich vermehret)
hat uns, ja alle christenheit
des fridens schon nach wunsch gewehret,
indem nach gottes gütigkeit
aus ihrer seiten fruchtbarkeit
und aus des großen prinzen samen
(als welcher, so manhaft als weis,
verdienet aller menschen preis)
den ursprung werte kinder namen;
Die dan, recht nach der götter art,
in kurzer zeit so hoch aufschießen,
daß, indem sie noch jung und zart,
wird die kirch ihrer vil genießen:
weil sie verständig und manhaft
durch ihrer faust und herzens kraft
bald werden unsern feind vernichten,
wan anderst ein so werte that
der, welcher sie gezeuget hat,
vorkommend, nicht selbs will verrichten.
Jedoch nein; dan es ja nicht gut,
daß er uns wider solt verlassen,
und folgend seinem heldenmut
die wafen noch einmal erfassen.
die welt erkennet sein wort gnug,
darum es besser, daß er klug
und ruhig wöll sein land bewahren
vernüget, frölich, reich und still:
doch wan er ja mehr palmen will,
so such er sie in euren haaren.
[9]
Was aber mach ich hie vil wort,
o göttin, deren edles leben,
als unsers lebens lieber hort,
uns gnug versicherung kan geben?
und deren augen glanz liebreich
regieret ihn und uns zugleich,
und deren wandel ein exempel
und spiegel aller tugend ist,
daß ihr ohn heuchelei und list
verdienet der gedechtnus tempel.
Wan dan, o aller Nymfen ros,
mit euch allein selbs zu vergleichen,
ihr an verdienst und ehr so groß,
daß euch sunst alle Nymfen weichen;
wan es unläugbarlich auch kund,
daß wir zugleich mit herz und mund
euch, und zwar billich, göttin nennen,
und auch auf unsrer brust altar,
gelobend euch uns ganz und gar,
euch ein lob- und lieb-opfer brennen:
So darf mein nidriges gemüt
nu sein vertrauen kühn erhöhen,
es werd auch eure gnad und güt
nicht dise schlechte gab verschmähen;
sondern der götter beispil nach,
die nur das herz und nicht die sprach,
auch nicht der menschen gab betrachten,
ihr werdet das lied, so ich sing,
und das geschenk, so ich euch bring,
als lieblich und gefällig achten.
Unlieblich kan es zwar nicht sein,
weil eure schönheit solches ehret,
so wird auch seiner zierden schein
durch eure zierlichkeit vermehret:
und euer nam, lob, ruhm und preis,
von eurer eignen tugend fleiß
[10]
im buch der ewigkeit gegraben,
die werden schon selbs mein gesang,
mein buch und mich durch hohen schwang
mit der unsterblichkeit begaben.

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TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. An die kurfürstin Elisabeth. An die kurfürstin Elisabeth. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9369-F