Herrn Georg-Friederichen, Marggraven zu Baden

O großer prinz, in dessen schutz
sich alle tugenden ergeben,
daß sie, der argen welt zu trutz,
auf erden mögen sicher leben;
prinz, meiner Musen zuversicht,
verschmähet dieses büchlein nicht,
so billich euch, der Musen lehren
gehorsamend, ich muß verehren.
Dan als ich neulich nachts allein
hin und her auf dem feld spazierte,
wa meine trit mit halbem schein
Diana selbs, unachtsam, führte,
und, unwürsch, bei mir selbs gedacht,
wie übel ich die zeit zubracht,
in welcher mit der Musen lehren
ich mich selbs thet umsunst bethören:
Da fand ich mich an einem ort
von ihnen allen umgegeben,
und sie mit manchem süßen wort
gern meiner meinung widerstreben;
[78]
insonderheit kam auch herfür
ihr führer Phöbus, welcher mir
gleich für sie all auf meine klagen
selbs ihr bedenken fürgetragen.
»Laß, Filodor, sprach er, nu mehr
forcht, sorgen und verdruß hinfahren;
dan ein fürst, aller fürsten ehr,
kan und will uns und dich bewahren,
und ist sein nam (wie seine gunst
ein schirm und ein pfand unsrer kunst)
Georg-Friderich Marggraf zu Baden,
bei welchem wir und du in gnaden.
Ihm opfer du auf dein gesang,
und scheu dich nicht für seinen wafen,
ab welchen seinen feinden bang
weil sie der höchst durch ihn will strafen:
dan alle helden alle zeit
die haben vor, in, nach dem streit
uns stets geliebet und geehret
und ihrer gegenwart gewehret.
Auch ist ihr lob noch billich kund,
kan ewiglich auch nicht vergehen,
als welches des poeten mund
der ganzen welt gab zu verstehen;
darum gib ihm auch ehr und preis,
dan ja der menschen höchster fleiß
kan nichts den göttern mehr erweisen,
dan sie zu loben und zu preisen.
Als Jupiter durch seinen strahl
den risen ihren stolz verkürzet
und von des himmels hohem wahl
sie über und über gestürzet,
begehrte er, sigreich, mehr nicht,
dan daß wir ihm laut ein gedicht
für seinen ohren wol erklangen
und seinen sig und lob gleich sangen.
Wolan dan, ewig weiser chor
laßt uns auch disen fürsten ehren,
[79]
und du sing mit uns, Filodor,
als deinen mund wir werden lehren;
und weil er uns ja ein patron,
so laßt uns flechten eine kron,
die du demütig ihm solt bringen.«
fieng demnach also an zu singen.

Kron

Apollo.

Marggraf Georg-Friderich ist aller menschen ehr
und von den göttern selbs geehret,
als die durch seines lebens lehr
den weiten erdenkreis des himmelsguts gewehret;
dan er an tugenden so reich,
daß wan sein land wär seinem verdienst gleich,
so würd man mich darinnen gern aufgehen
und wider nidergehen sehen.
jedoch der götter eigne hand,
die seine seel so seliglich bereichet
bereitet ihm in ihrem vatterland
die kron die keinen kronen weichet.
gleichwol soll seine stirn, die gleichlos wert und weis
noch nicht damit gekrönet werden,
auf daß er länger bleib auf erden
Der weiten finstern welt liecht, hofnung, lieb und preis.
Clio.

Der weiten finstern welt liecht, hofnung, lieb und preis
wird billich er allein geachtet,
wan man die weisheit nu mit fleiß
in ihm recht als das haupt der tugenden betrachtet,
durch die er dan kan weis und klug,
der warheit liecht entdeckend, den betrug
und falschen list mit der vernunft bekriegen
und ihnen und der ruh fürbiegen;
[80]
durch sie befürdert er auch gleich
die, deren wert nicht ihre bit verneinet;
er spricht niemal (weil er ihm selbs stets gleich
durch sie): »das hät ich nicht vermeinet!«
ja, auf der weiten welt stets ungestümem meer
kan er durch sie frei von gefahren
mit seinen tugenden umfahren,
ja unverwundlich stets in aller feinden heer.
Melpomene.

Ja unverwundlich stets in aller feinden heer
macht ihn die dapferkeit verbleiben,
mit ihr, als seinem schild und wehr,
was sunst zu förchten ist, kan er alsbald vertreiben:
in ihr, als einem vesten schloß,
kan sein gemüt, behütsam doch forchtlos,
des lebens krieg mit sicherheit verwalten
und die belägrung frei aushalten;
mit ihr kan er in gutem glück,
wie schön es zwar, sanftmütiglich sich neigen,
hingegen auch, des unglücks harte dück
verachtend, sich sigreich erzeigen;
ja, seines scharfen schwerts unträglich schwere macht
wird, ob got will, den feind zustören,
daß man soll seinen verlust hören
durch meiner hellen stim luft-füllend-süßen pracht.
Euterpe.

Durch meiner hellen stim luft-füllend-süßen pracht
muß seine mäßigkeit ich preisen,
die als sein arzet tag und nacht
kan seines lusts begird regierend underweisen:
sie hält mit so gewisser hand
den zaum in ihm, daß was für ein zustand
geraten kan, sein geist, herz und gedanken
niemals verirren oder wanken:
sie lasset keinen aufruhr zu,
zu wenig und zu vil in ihm nicht krieget;
sie setzet ihn in ein so süße ruh,
daß sein will niemals unvernüget:
[81]
und sie ist die ursach, daß seiner thaten grund
auf des volks meinung nicht bestehet
und daß sein thun und red gleich gehet,
auf daß in ihm steif bleib der tugend starker bund.
Thalia.

Auf daß in ihm steif bleib der tugend starker bund
der seinen leib und seel erquicket,
so ehret er mit mut und mund
die theure nüchterkeit, die rat und that beglücket;
sie, die bei höfen in dem bann,
weil sie kein fürst, kein reicher, kein hofman
in seinem haus will leiden, sehen, hören,
ist in ihm desto mehr zu ehren.
sie macht daß sein koch Frühaufsein
die mahlzeit ihm gefälliglich bereitet,
daß ihr banier der reichtum falscher schein
(der geilheit hauptman) nit ausspreitet;
ja, sie durch ihren rat verhindert den wollust,
der sunst die tugend underdrucket,
und durch sie wird allein geschmucket
sein volk mit seinem lob und mit lieb seine brust.
Erato.

Sein volk mit seinem lob und mit lieb seine brust
kan seine emsigkeit erfüllen,
dan keiner zeit noch stund verlust
hat jemals mussiglich bethöret seinen willen:
kein fürst kan den stat der landschaft
und seines volks gemüt und eigenschaft
so wol als er verstehen und bekehren,
mit seines thuns exempel lehren:
kein fürst kan mühsam, emsig, weis
der notdurft nach die ämpter selbs besetzen,
sein land und volk mit rechter sorg und fleiß
versehend, den verdienst ergetzen:
es kan kein andrer fürst mit so ruhloser hand
stets so gewiß das steuer halten
[82]
und alles richtiglich verwalten,
wie diser fürst, ganz gleich an müh, fleiß und verstand.
Terpsichore.

Wie diser fürst, ganz gleich an müh, fleiß und verstand,
uns die freigebigkeit erkläret,
weil er nicht seinen hohen stand,
sondern durch all sein thun des höchsten lob vermehret:
dieweil niemand den überfluß
(dadurch vilmals ein spot, reu und verdruß,
wie immer spat, wird leichtlich verursachet)
bei ihm falsch lobet und verlachet:
dieweil auch die freigebigkeit
bei ihm die leut durch auflag nicht erschrecket,
indem allein sich seine miltigkeit
auf den verdienst und not erstrecket:
dan ja mit guter maß sein herz und hand recht frei
des bodens wissen zu verschonen,
und der gebühr nach zu belohnen,
daß seines namens lob stets wert und wehrhaft sei.
Polymnia.

Daß seines namens lob stets wert und wehrhaft sei
bringt seine gnad und güt zuwegen;
für sie ist ihm sein volk getreu,
hold ist es ihm für sie, als ihren reichen segen:
und durch sie ehret ihn das land,
sie ist allein der rechte Amorsbrand,
der gegen ihm die seelen bald entzündet,
daß er sie so gehorsam findet,
daß sie ihn, nein, vilmehr für ihn
besorgend, ihn mehr dan sich selbs bewahren,
und auch für ihn als ihres lands gewin
nicht arbeit, leib und leben sparen.
er ist, gedenken sie, ihr vatter, ihr patron,
ihr got, von dem sie gnad erlangen,
und durch gnad wird auch er empfangen
von gottes starker hand des himmels gnadenkron.
[83] Urania.

Von gottes starker hand des himmels gnadenkron
die gotsforcht ihm zuwegen bringet,
weil sie sich zu des höchsten thron
mit kräftiger andacht mit eifers federn schwinget;
sie, deren lob in meinem mund
stets wohnen soll, ist aller tugend grund,
ohn welchen sie zu boden müssen fallen;
sie ist der engeln wolgefallen;
sie ist der seelen starkes band,
ohn welches sich der menschen lieb vernichtet,
und werden nur durch ihr bewehrte hand
stät, ständ und länder aufgerichtet;
und sie mittheilet ihm ein solchen heldenmut,
der niemand richtet oder hasset,
der sich allein auf got verlasset,
from, aufrecht für sich selbs, für jederman sunst gut.
Calliope.

From, aufrecht für sich selbs, für jederman sunst gut
kan löblich er sein volk regieren,
er will vilmehr der bösen blut,
wan es nu möglich ist, purgieren dan verlieren:
gerechtigkeit hat solche macht,
die seines lands gewisse uhr und wacht,
die niemals ihn geduldet zu entschlafen,
wan zu verzeihen und zu strafen:
durch sie der stand und das geschlecht
bei ihm die wag nicht ziehen auf die seiten;
durch sie bei ihm ist recht niemals unrecht,
noch unrecht recht bei seinen leuten:
in seiner hand ihr wag ist gleich für groß und klein;
mit unauslöschlichen buchstaben
hat sie tief in sein herz gegraben:
das erst und höchst gesatz soll des volks wolfart sein.
Filodor.

Das erst und höchst gesatz soll des volks wolfart sein,
das thun all seine sitten lehren.
[84]
der mayestet lehrreicher schein
durch seiner augen blick kan solche lehr vermehren:
wie dan auch seines leibs gestalt
und seines haupts stets frommender gewalt
und sein verstand, darab man sich entsetzet
und der die götter selbs ergetzet,
und seines munds warhafte frucht,
dadurch die seel sich bessert und erfreuet,
und seines muts und wandels kühne zucht,
die sünd und schand mit ernst zustreuet,
und sein gericht, stets recht und aller künsten lohn,
ja, alles machet uns bekennen,
daß wir ihn müssen billich nennen
der Musen treu und trost, der tugend thron und wohn.
Der ganze chor zusamen.

Der Musen treu und trost, der tugend thron und wohn,
für potentaten ein exempel,
ja, wie der tempel Pantheon
vor langer zeit zu Rom war aller götter tempel:
also ist jetz Georg-Friderich,
der hat allein die tugenden bei sich.
dan er ist weis, sich stets wol fürzusehen;
stark, glück und unglück auszustehen;
an mäßigkeit und arbeit reich;
milt, wolzuthun; freigebig, recht zu geben;
er kan, an gnad, an gotsforcht, fromkeit gleich,
gerecht für sich und andre leben;
durch seiner sitten wert kan er je mehr und mehr
das herz mit lieb und lob bezwingen;
darum wir zumal billich singen:
Marggraf Georg-Friderich ist aller menschen ehr.

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TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. Herrn Georg-Friederichen. Herrn Georg-Friederichen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9374-6