Elizabeth Amelia Landgrävin zu Hessen

Die erste strophe.

Allein allherrlich, stark und groß,
allein alltrutzend, sorgenlos,
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und daher einiglich geehret;
Allein allmächtig und allreich,
dem höchsten Jupitern selbs gleich
und daher billich höchst vermehret;
Ja dreimal selig ist allein
der, dem des golds siegreicher schein
das haupt und auch die faust stets zieret;
Als der in leibs und geists wollust
nach dem gesatz, in seiner brust
allein geschriben, wol regieret.
Er ist ja selbs auf erden got,
er kan dem höchsten got gleich leben,
und auch das leben und den tod,
wem er will, nemen oder geben.
Die erste antistrophe.

Wie sich der tag, wie sich die nacht
mit unterschidlich schönem pracht
und uns mit wunder kan erfüllen;
Wie sich der klare sonnenglanz,
wie sich der mon, dan halb, dan ganz,
ausbreiten oder kan verhüllen;
Wie sich der größern liechtern gang,
wie des gesternten himmels schwang
gewiß und ordenlich bewegen;
Wie sich sturm, dunder, stral und blitz,
wind, regen, schnee, frost oder hitz
erheben stark und schwach sich legen:
Wie die luft voll unruh und ruh,
und was sunst über uns zu sehen,
da seh zwar Jupiter wol zu,
uns soll, was ob uns, nicht angehen.
Der erste epod.

Was aber immer schön und gut
kan in dem wasser und auf erden
erfunden und erhalten werden,
das größet mehr und mehr unsers monarchen mut:
und was an silber, gold und steinen kan ertragen
des erdreichs dick fruchtreicher bauch,
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das alles billich muß behagen
nur seinem wollust und gebrauch.
mit dem gewülk und was mehr oben
muß Jupiter vernüget sein:
was sunst in dieser welt, ist, monarch, allein dein,
hie bist du, und nicht er, zu dienen und zu loben.
Die ander strophe.

Auf solche süß und falsche weis,
mit solchem faul und schönem preis
fand sich zu Babylon betrogen
Der monarch, den in böser nacht
die hand durch die schrift von dem pracht
zu seinem schnellen tod gezogen.
Auf gleiche weis auch werden noch
bethöret die, von deren joch
ihr volk sich schwüriglich entziehet
Und deren eilend böser tag
nicht des volks fluch, noch himmels plag,
noch der tyrannen tod entfliehet:
Indem sie mit der armen blut
sich mästend, nichts zu herzen führen,
und weil sie ihre lust und wut
erfüllen, leib und seel verlieren.
Die ander antistrophe.

Dergleichen schmeichlern list und kunst,
dergleichen hochfart, dampf und dunst
kan weder binden noch verblinden,
Landgrävin, euer weise seel,
die, pur und frei von allem fehl,
kan aller dingen grund wol finden.
Dan euch uns aus des himmels saal
der höchst, sein kirchlein noch einmal
zu trösten, gnädiglich geschicket:
Daher dan eurer weisheit saft
und eurer tugend starke kraft
des höchsten volk also erquicket,
Daß, wie groß noch der feinden trutz,
wie schwer auch noch des Teutschlands plagen,
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so kan doch under euerm schutz
das fromme häuflein nicht verzagen.
Der ander epod.

Auch alsbald aus des himmels schatz
ihr kommen, die welt zu bereichen,
sah man ein jedes herz euch weichen:
jedoch der große held mit götlichem fürsatz
sein fürstliches geschlecht für abgang zu erhalten,
erwählet euch, so schön als weis,
mit ihm die herschung zu verwalten,
auf zuvor nicht erhörte weis;
und wan das land ihn solt verlieren,
mit euerm götlichen verstand,
mit forchtlos großem mut und heldengleicher hand,
mit kriegs und fridensrecht dasselbig zu regieren.
Die dritte strophe.

Als aller schönheit schönste blum,
als aller tugend wahrer ruhm
o fürstin durch die welt vermehret,
Verschmähet doch nicht mein gedicht,
wan es mit eigner kunst schon nicht,
sondern mit euerm wert sich ehret.
Des leibs lieblöliche gestalt,
des schönen angesichts gewalt
kan ich hochschätzend wol betrachten:
Jedoch des himmels meisterstuck,
der seelen seligreichen schmuck
pfleg ich vil köstlicher zu achten:
Bekennen will ich allzeit gern,
daß torecht der und gar vermessen,
der einen oder andern stern
zu loben, darf die sonn vergessen.
Die dritte antistrophe.

Die perlein, die rein, rund und groß
aus des ostmeers schatzreichem schoß
erworben durch die wasserwogen;
Wie auch die pure demantstein
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seind edlen steinen, die gemein
an wert, wie billich, vorgezogen:
Also mehr dan ein schönes haar
und mehr dan augen leuchtend klar
und rosenreiche lefz und wangen,
Vermag der tugend frischer kranz,
vermag der weisheit scharfer glanz
mein herz zu trösten und zu fangen:
Und welcher schöne demant soll
nicht allzeit eurer gotsforcht weichen?
und welche perlein kan man wol
mit eurer weisheit schatz vergleichen?
Der dritte epod.

Nu diser reichtum überfluß,
die euern leib und geist besitzet
und euer land und leut beschützet,
ist unsrer freiheit trost, der tyrannei verdruß.
und wan der warheit ja zu dienen ich verbunden,
so sing ich frei, daß in der welt
euch keine fürstin gleich erfunden,
ja keine göttin, fürst, noch held.
noch held? ja! man muß ja gestehen,
daß Semiramis, frei von schand,
und eine königin, sigreich, von Engelland
euch an der zeit zwar vor, doch an verdienst nach gehen.
Die vierte strophe.

Sunst ist das weibliche geschlecht
die nadel und haushaltung recht
zu brauchen billich stets geflissen;
Das aber war für euch nicht gnug,
dan euch got (euch schön, gut und klug
formierend) alles gab zu wissen.
Zugleich in kriegs und fridenszeit,
des rechtens zank, des glaubens streit
zu richten recht und recht zu schlichten;
Des feinds anschläg, der bösen rat
mit weisem fund und schneller that
vorkommen, strafen und vernichten;
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In mancher sprach mit kunst und lehr
wol reden, lesen, hören, schreiben
ist, fürstin, euer lob und ehr,
die nach euch stets frisch blühend bleiben.
Die vierte antistrophe.

Frisch blühet ja in ewigkeit
der tugend lob und herrlichkeit,
indem die blumen dahin fallen;
Zwar eurer schönheit zier und zucht,
zwar eurer weisheit schatz und frucht
seind aller götter wolgefallen.
Wan immer euer nam genant,
so ist der weiten welt bekant,
daß euer glori unvermehrlich,
Daß euers leibs bewehrter preis,
daß eurer seelen steter fleiß
seind übermenschlich, unaufhörlich:
Dan beed so unaussprechlich reich,
daß sie den umkreis zu regieren
sie einen helden und zugleich
auch eine göttin gnug zu zieren.
Der vierte epod.

Ach, wie vil, wie vil ich auch sing,
find ich noch übrig, wert zu singen,
und darf doch solches nicht fürbringen,
weil aller menschen lob für euch vil zu gering:
ihr kont, sigreich, den feind und euch selbs überwinden,
und kan man keine reu noch buß
bei euch erforschen noch erfinden,
stets frei von eitelkeit und muß.
wolan, so will ich hiemit schweigen
und (wendend mein lied anderwerts
als hiezu gar zu schlecht) euch mein treureiches herz
und euer höchstes wort stillschweigend mehr bezeugen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weckherlin, Georg Rodolf. Gedichte. Gedichte. Elizabeth Amelia Landgrävin zu Hessen. Elizabeth Amelia Landgrävin zu Hessen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-946F-C