Das Sonntagskind
Stets naht das Glück in lichter Sonnenpracht,
Gleichgültig, kalt vorüber mir zu wandern.
Mein junges Morgenrot verschlingt die Nacht,
Indes ein heller Freudenschimmer lacht
In den verklärten Augen eines andern.
Ein Sonntagskind! – Mir war sie niemals hold,
Die blinde Dame mit den vollen Händen.
So manchen Opferdienst ich ihr gezollt,
Sie schwebt dahin, um Gold und Minnesold
An ihren Gunstbeglückten zu verschwenden.
O der verruchten Ungerechtigkeit!
Verzweifelnd reiß ich ihr vom Haupt die Binde:
»Sieh Göttin, sieh auch diesen dir geweiht!« –
Sie starrt mich schaudernd an, sie bebt, sie schreit
Und flieht entsetzt zu ihrem Sonntagskinde.