Deutscher und Ire

In England war die Nacht kalt;
Zwei junge Gesellen, wohlgestalt,
Ein Deutscher und Ire, sich trafen
Und sanken auf eine Streu, zu schlafen.
Der eine schaute den andern an,
Und jeder dachte: »Mein Schlafkumpan,
Der ist nicht zu Haus an diesem Strande,
Der ist geboren in anderem Lande.«
Und murmelten drauf zur selben Zeit:
»Und ach, das ist ein Jammer und Leid;
Es scheint, ihm blühten noch wenig Rosen –
Schau seinen Rock und die schlechten Hosen.«
Und riefen endlich wohl lachend zugleich:
»Und du kommst auch nimmer auf grünen Zweig!«
Und da grüßten sie sich, daß hell es geklungen
In deutscher wohl und in irischer Zungen.
Und ob auch keiner den andern verstand –
Treuherzig reichten sie sich die Hand
Und wurden Genossen in Freud und Leide –
Denn arme Teufel waren sie beide.
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Notizen
Entstanden vor 1846. Erstdruck in: Ausgewählte Werke (Volk und Wissen) 1948.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Weerth, Georg. Deutscher und Ire. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-966C-8