17.

Und als ich einst am frühen Tag
Den großen Henkelkrug zerbrach:
Da ist der Wein geflossen
Wohl in die duftigen Sprossen.
Da tranken die Blumen groß und klein
Von meinem kühlen Klosterwein.
Da kamen Schmetterlinge bunt
Herüber aus dem Wiesengrund.
Da kamen lust'ge Fliegen,
Die täten im Kreise liegen,
Im Kreise wohl bis zum Abendschein
Bei meinem kühlen Klosterwein.
Da wurde mancher Trunk getan,
Da hub der Maienkäfer an:
»Mir ist so wohl zumute,
Als ob ich auf Lilien ruhte,
Als blühte schöner die Seele mein
Von diesem kühlen Klosterwein.«
Da sprach die Bienenkönigin:
»Wie ist so lind mein hoher Sinn!
Komm her, daß ich dich drücke,
Komm her, verliebte Mücke,
Komm her, wir tanzen den Ringelreihn
Wohl um den kühlen Klosterwein!«
[73]
Da war besäuselt gar und ganz
Der jugendliche Schwalbenschwanz,
Er strich wohl durch die Moose:
»Zieht aus mir Mantel und Hose,
Ich habe getrunken zu großer Pein
Von diesem kühlen Klosterwein!«
Die Bremse war schon hoch betagt,
Sie hat kein einzig Wort gesagt,
Sie klagt' um ihre Tugend
Und die verlorene Jugend.
Sie hat sich ersäufet so stumm, allein
Tief in dem kühlen Klosterwein!
Und stille ward es rings umher,
Kein Jubeln und kein Singen mehr.
Es kam die Nacht geschritten,
Die Bremse hat ausgelitten.
Sie starb und rief in das Tal hinein:
»Leb wohl, du kühler Klosterwein!«
[74]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weerth, Georg. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Der Wein. 17. [Und als ich einst am frühen Tag]. 17. [Und als ich einst am frühen Tag]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-969D-9