5. Die subtile Liebe

1.
Die Mädgen sind wie Post-Papyr,
Subtil und zart im Lieben,
Denn wer in ihre Zier
Sich nur zu erst hat eingeschrieben,
Der stehet oben an
Da man die schrifft wohl lesen kan.
2.
Er findt ein unbeflecktes Blat,
Da sich die reine Tugend
Noch nie geschwärtzet hat,
Und lockt die Einfalt ihrer Jugend,
Durch die Verträulichkeit,
In alle Gunst-Gewogenheit.
3.
Hingegen wer den Rathschluß fast
Was anders drein zu schwatzen,
Und diesen ersten Gast
Will auß der Liebes-Taffel kratzen,
Der übersieht es doch
Und macht in das Papyr ein Loch.
4.
Auch wann es gut gerathen soll
So muß ein Schandfleck bleiben,
Darauff man nicht so wohl
[16]
Die neue Liebe kan beschreiben,
Dann dorte da und hier
Sticht noch die alte Dinte für.
5.
Man hat ja wohl einander lieb,
Doch muß man immer hören
Wie sie den ersten Dieb
In ihren Hertzen heimlich ehren,
Darneben traun sie nicht
Und was man auch vor Worte spricht.
6.
Dieweil nun itzt das kleinste Kind
Die sauer süssen Sachen
Fein zeitlich lieb gewinnt,
So will ich mich an keine machen,
Damit werd ich allein
Kein unglückseelger Schreiber seyn.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken erstes Dutzent. 5. Die subtile Liebe. 5. Die subtile Liebe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-97D8-A