3. Die unterschiedlichen Liebhaber

1.
Ich schwatzte neulich von Galanen,
Als ich bey meinem Mädgen stund;
Da ließ sie mich hernach vermahnen,
Die Sachen wären ihr nicht kund:
Sie möchte mich wohl gerne fragen,
Was ein Galan außdrücklich sey?
Da ließ ich ihr zur Antwort sagen,
Die Leutgen wären vielerley.
2.
Dann sagt ich, wer sich aller Orten
Zum lieben Frauenzimmer macht,
Und ist doch kalt in seinen Worten
Ob er gleich noch so freundlich lacht:
Wer alle Wochen eine neue
Zum Zeitvertreib erwählen kan,
Und fragt nach keiner Liebes-Treue,
Der ist ein blosser Spaß-Galan.
3.
Vnd wer sich läst die Grillen treiben,
Daß er die Gassen nunter schwäntzt,
Ob etwan durch die Fenster-Scheiben
Ein weisses Jungfer-Häubgen gläntzt,
Und meint er habe durch den Trempel
Der Liebes-Pflicht genug gethan,
Der heist den andern zum Exempel
Ein Lauff- und Pflasterstein-Galan.
4.
Wann auch ein junger gelber schnabel
Sich im Processe selbst verführt,
[13]
Und alles mit der silbern Gabel
Fein fromm und sittsam embrochirt,
Auch nichts in seinen Complimenten
Als Ehren Tugend sprechen kan,
So heisset er bey uns Studenten
Nur ein Devotion-Galan.
5.
Und wer mit allerhand Spendaschen
Der Liebsten ihre Köthe schmückt,
Und alle Tage seinen Pagen
Nach Zucker und Citronen schickt,
Wer offtermahls spatziren fähret,
Zur Hochzeit gehet, wenn er kan,
Und seine Pfennge so verzehret,
Ist ein Discretion-Galan.
6.
Doch welchen das geneigte Glücke
Zu der Vollkommenheit bestimmt,
Daß er durch seine Liebes-Blicke
Den Mädgen auch das Hertze nimmt,
Wer mit vermischten Wechselküssen
Den stillen Bund erhalten kan,
Obs gleich die Leute wenig wissen,
Ist ein Affection-Galan.
7.
Wiewol die schlimmsten Löffelknechte
Geniessen manchmal trefflich viel,
Nur dessentwegen weil der rechte
Nicht ins Gehäge kommen will:
Inzwischen weil sie solches wissen
Gehn sie mit allen Freuden dran,
Und unter solchen Lücke büssen
Wird mancher noch ein Noth-Galan.
8.
Nächst diesen bildt sich mancher immer
Die allerschönsten Sachen ein,
Und muß doch bey dem Frauenzimmer
Im Spiele Pickelhäring seyn,
Er kan sich zwar vor seelig schätzen
Und nimmt den Schertz mit Willen an;
Doch sag ich, wer sich lässet hätzen,
Ist ein Vexation-Galan.
9.
Hieran ihr Herren Junggesellen!
[14]
Ich habe mich allhier bemüht
Euch in der Liebe vorzustellen,
Wo jemand seines gleichen sieht,
Der gehe nur in sein Gewissen
Und zieh sich selber vor Gericht.
Ich werde diesen loben müssen
Der hefftig liebt, und meint es nicht.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken erstes Dutzent. 3. Die unterschiedlichen Liebhaber. 3. Die unterschiedlichen Liebhaber. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-97F6-6