[59] 3. An die junge und wunder-schöne Salibene

1.
Du alte Salibene,
Mit Gunst daß ich dich höhne,
Weil du dich in dem Grünen
So höflich läst bedienen.
2.
Dein altes Angesichte
Kan bey dem schönsten Liechte,
Wie finstre Wolcken pflegen,
Uns in den Schatten legen.
3.
Roth steht in Purpur feine,
Doch nicht im Helffenbeine:
So müssen schöne Minen
Dich zu verstellen dienen.
4.
Den Wein wird niemand kauffen
Auch niemand wird ihn sauffen,
Den man in faulen Fässern
Auß Pfützen pflegt zu wässern.
5.
Also kan auch dein Lachen
Uns schlechte Freude machen,
Weil sich in allen Thaten
Das Alter muß verrathen.
6.
Wir hoffen zwar auff Erden
Noch sämmtlich alt zu werden,
Und dürffen drum die Alten
Nicht gar zu schimpflich halten.
7.
Doch wann sie jungen Leuten
In ihren Circkel schreiten,
Und anders als sie sollen
Der Lust gebrauchen wollen.
8.
So muß man ihnen sagen
Wie viel es hat geschlagen,
Und ihre Schönheits-Stralen
Mit hellen Farben mahlen.
9.
Die Zeit ist längst verflossen,
Da sie das Gut genossen,
Das Gut das sie verlohren,
Eh als wir sind gebohren.
10.
Wir sehn den reiffen Lentzen
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Um unsre Jahre gläntzen,
Und können die Violen
Mit unsers gleichen holen.
11.
Hingegen will bey ihnen
Kein Gräßgen ferner grünen,
Weil sich an ihren Wangen
Der Winter angefangen.
12.
Drum geh, O Salibene,
Geh fort du alte Schöne,
Daß Venus mit dem Knaben
Nicht mehr darff Unlust haben.
13.
Halt dich zu Hause stille,
Und ließ in der Postille,
Und lerne mit dem Rücken
Den warmen Ofen drücken.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken viertes Dutzent. 3. An die junge und wunder-schöne Salibene. 3. An die junge und wunder-schöne Salibene. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9819-0