3. Eine neue Jungfer-Noth
1.
Wie ist das zarthe Jungfer-Fleisch
Dem Mädgen so beschwerlich,
Dann, sind sie fromm und keusch,
So ist es gleichwohl sehr gefährlich,
Dieweil ein falscher Wahn
Die schönste Tugend schimpffen kan.
2.
Die Leute sehen auff den Schein,
Und lassen solche Sachen
Der Tugend Richter seyn,
Die weder fromm noch böse machen,
Und dencken unverwand,
Ein Mückgen sey ein Eelefant.
3.
Man lasse doch ein Mädgen gehn,
Und bey den Junggesellen
Ein Viertelstündgen stehn,
Wie werden sich die Leute stellen,
Als müste sie allein
Die allerärgste Hure seyn.
4.
Ein mädgen kan nicht, wie sie will
Auch in der Kirche betten:
Denn läst sie gar zu viel
Die Augen auß den Falten tretten,
Und sieht den Himmel an;
So heysts, sie meynt den Courtisan.
5.
Wie manche Zeitung wird erdacht;
Da hat sich die versprochen,
[130]Und die wird außgelacht,
Dieweil ihr Schatz die Treu gebrochen,
Und wird die Sache klar,
So ist das zehende Wort nicht wahr.
6.
Doch diß ist rechte Lumperey,
Die tummen Junggesellen
Die solten sich darbey
Zur ernsten Gegenwehre stellen,
So bleiben sie zur Ruh,
Und helffen noch wohl selbst darzu.
7.
Die wolte gerne Jünger seyn,
Die schwitzet in das Bette,
Die hat ein böses Bein,
Die trägt nur eine falsche Kette,
Die schminckt ihr Angesicht,
Die folgt der lieben Mutter nicht.
8.
Die nimbt 6. Thaler zum Gewinn,
Der schleppen doch die Mäuse
Holtz-Aepffel sonst wohin,
Die bleibt bey ihrer alten Weise,
Die ist ein halbes Schwein,
Die säufft so gerne Brantewein.
9.
Und die hat einen holen Zahn,
Drum stinckts ihr auß dem Loche,
Die schielt den Liebsten an
Und gucket in die andre Woche,
Die ist ohns Henckers-Danck
Wohl gar am lieben Dinge kranck.
10.[131]
Derhalben ist manch armes Kind
Im Hertzen wohl geplaget,
Daß, wann sie sich besinnt,
Auß Schmertzen und Verzweifflung saget,
Mein Leben wird mir schwer,
Ach wer ein Junggeselle wär.