60. List gegen List
Fußnoten
1 Gezwungne Laster etc. Man findet insgemein, dass die Vergebung eines Unrechts dem Erduldenden zurFeigheit und nicht zur Tugend ausgeleget wird; und folgends einen Frevler zu einer grösseren Beleidigung so lange anreitzet, biss er endlich mit einemblutigen Kopfe abgewiesen worden ist. Man hat einegerechte Sache, daran unsre gantze Wollfahrt hänget, vor Gerichte; die Richter aber sind ungerecht: Was soll man thun? Man muss seinem Gegner zuvorkommen, und das meiste bieten. Es suchet einer auf allerhand Arht und Weise unser Verderben und will sich durch keine Dienste gewinnen lassen. Sein Vermögen ist gross. Es zeigt sich aber eine Gelegenheit demselben alle Macht uns schädlich zu sein zu benehmen. Soll man die Gelegenheit aus den Händen lassen?
2 Halt viel auf die Gerechtigkeit, doch mehr etc. Man kan niemand rathen, dass er seinem Fürsten dieUntreue seiner Nebenbedienten offenbahren soll; wenn er sich hiedurch in Augenscheinliche Gefahr setzen würde, nicht allein seinen Dienst, sondern auch offtmals wegen der Gegner Ansehen seinen guten Nahmen zu verlieren. Es ist genug, dass er in diesem Fall seine eigne Schuldigkeit treulich beobachte, und durch seyn Beyspiel die andre von ihrenüblen Wegen abzuleiten suche.