Dritter Gesang
Fußnoten
1 Knappen, III. 2, so viel als Schildknappen, Waffenträger, Knapo im mittlern Latein. Es war vor Alters mit Knecht oder Edelknecht (Englisch Knight) einerlei, und wurde auch von einem jungen Edelmann gebraucht, welcher einem ältern Ritter, entweder als Lehrjunge, um die Ritterschaft zu erlernen, oder alsGeselle, um sie unter Anleitung und Aufsicht einesMeisters auszuüben, Dienste tat. Nach und nach verlor es, wie Knecht und Schalk, seine vormalige Bedeutung und Würde, und ist dermalen nur noch in den Benennungen Tuchknappe, Mühlknappe, Bergknappe, üblich.
2 Magd, III. 18. Magd, Maget, Magad, Maid, Meid, sind verschiedene Formen eines Wortes, welches in seiner ältesten Bedeutung eine ungeschwächte junge Frauensperson, eine Jungfrau im eigentlichen Verstande, bedeutete. »Es heißt im Deutschen Magd (sagt D. Luther) ein solch Weibsbild, das noch jung ist, und mit Ehren den Kranz trägt und in Haaren geht.« In diesem Sinne wird Maria in einem alten Kirchenliede die reine Magd genannt. Im Heldenbuch, Theuerdank, u.a. heißen junge Damen vom ersten Rang edle Meid oder Magd, ohne daß eben auf die physische Bedingung der Jungfräulichkeit Rücksicht genommen wird. Magdtum bezeichnet daher im alten Deutschen sowohl den jungfräulichen oder ledigen Stand, als was man jetzt in engerer BedeutungJungferschaft nennt.
3 Obsiegen, III. 20, (einem) auch ansiegen, eine Altdeutsche Form, für einen besiegen, bezwingen.
4 Verluppt, III. 36. »Ganz in verlupptem Stahl«, d.i. in bezauberten Waffen. Luppen, verluppen hieß in der alten Allemannischen Sprache vergiften; daherverlüppte Pfeile. Weil aber, wie Wachter wohl anmerkt, im gemeinen Volksglauben giftmischen und zaubern verwandte und assoziierte Begriffe sind, so bekamen die Worte luppen, verluppt, auch die Bedeutung von zaubern und bezaubert. So sagt zum Beispiel König Tyrol (beim Goldast):
Der konnte luppen, (d.i. zaubern) mit die (dem)Speer;
und der Dichter Nithart (ebenfalls in Goldasts Paraenet.) Zöverluppe für Zauber, fascinum magicum.
5 Unangemutet, III. 39, d.i. ohne eine Anmutung zu dieser Person zu spüren, ohne daß sein Herz ihm etwas für sie sagt, ohne daß sie ihn interessiert. Mut (Mod, Mûat, Mûoth) hieß bei den alten Angelsachsen, Franken und Allemannen animus bene vel male adfectus, das Gemüt, oder was wir figürlich das Herz nennen, und Muten war so viel als das Gemüt in Bewegung setzen, anziehen. Daher Anmut, was unser Herz anspricht, anzieht. Das Zeitwort anmuten scheint also vorzüglich dazu geschickt zu sein, wenigstens in vielen Fällen die Stelle des fremden und unsern Puristen anstößigen interessieren zu ersetzen; zumal wenn unsre Schriftsteller sich entschlössen, dieses Wort in dem Sinne, worin es ansinnen oder zumuten (d.i. verlangen daß ein anderer über eine gewisse Sache eben so gemutet sei wie wir) heißt, nie wieder zu gebrauchen. Von etwas angemutet oder unangemutet sein oder werden, wäre diesem nach so viel als davon interessiert oder nicht interessiert werden: und in diesem Sinne scheint unser Dichter das von ihm vermutlich zuerst gebrauchte Wort unangemutet genommen zu haben.
6 Großheit, III. 40. Großheit verhält sich zu Größe, wie Hoheit zu Höhe, nur daß es in dieser Bedeutung im Hochdeutschen noch nicht üblich ist. Der Dichter versteht unter Großheit das, was beim ersten Anblick eine große, über gewöhnliche Menschen weit empor ragende Person ankündigt. Größe, ohne irgend eine hinzu gesetzte nähere Bestimmung, erweckt nur den Begriff körperlicher Quantität: Großheit erregt ein mit Ehrfurcht verbundenes dunkles Gefühl der Würde und Vortrefflichkeit einer Person. Majestät ist nur ein höherer Grad von Großheit, und beide können auch ohne eine über das gemeine Maß hinaus gehende körperliche Größe (Procerität) Statt finden, wiewohl diese unstreitig ein beträchtliches dazu beiträgt, das Gefühl und Vorurteil von Großheit und Majestät zu erregen.
7 Recke, III. 47. Ein veraltetes Wort für Riese. Es wurde ehemals auch von andern tapfern und streitbaren Männern gebraucht und die alten Sueven werden in dieser Bedeutung in dem Lobgesang auf den Heiligen Anno St. 19. gute Reckin genannt. In den alten Isländischen Mythen heißen ihre Heerführer oder Landeshauptleute (Könige) Landrecken.
8 Je und ie, III. 57. Die alte und noch immer üblicheOberdeutsche Form der Partikel je ist ie, welches beinahe wie i ausgesprochen wird. So kommt sie bei denMinnesängern immer vor, und die Richtigkeit dieser Form und Aussprache wird auch durch das offenbar aus den alten Verneinungswörtchen ni und ie zusammen gesetzte nie bestätiget. Weil man einem Deutschen Dichter das Reimen nicht ohne Not erschweren sollte, indem unsre Sprache ohnehin arm genug an Reimen ist, so halten wir für billig, daß man reimenden Dichtern erlaube, sich der Wörter je, jeder, undjetzt sowohl in dieser neuern, als in der Altdeutschen Form, ie, ieder, und itzt, nach Gefallen zu bedienen. Ohne diese Freiheit hätte hier eine der besten Stanzen des ganzen Oberons entweder gänzlich kassiert, oder ins Schlechtere verändert werden müssen.
9 Weib, III. 58 »da steht vor ihm ein göttergleiches Weib«, – wird hier in der Altdeutschen Bedeutung gebraucht, vermöge deren es, wie das Griechische gyne, eine jede Frauensperson, ohne Rücksicht auf Geburt, Stand und Alter bezeichnet. So kommt das Wort Wib beständig bei den Minnesängern, vor wiewohl schon Walther von der Vogelweide in einem seiner schönsten Lieder sich sehr darüber ereifert, daß man zu seiner Zeit (im 13ten Jahrhunderte) schon einen Unterschied zu machen anfing, weil die vornehmern nicht mehr Weiber sondern Frowen (Frauen) heißen wollten. Indessen sagen noch itzt in Oberdeutschland Personen von Stande, wenn von ihres gleichen die Rede ist, – »Sie ist ein schönes Weib«; und auch in unsrer neuem Dichtersprache ist das Wort Weib von mehrern wieder in seine alte Würde eingesetzt worden. Denn, wie der eben benannte edle Minnesänger sagt:
Wib muß immer sin der Wibe höhster Name.