An Prinzessin Caroline von Sachsen-Weimar
In des Morgens stiller Frühe,
wenn aus Äther leicht gebildet
holde Träume uns umflattern,
sah ich einen schönen Engel
aus der Morgenröte langsam
sich zur Erde nieder senken,
ein Gewächs des Paradieses
in den Rosenarmen tragend,
um es in den Schoß der Erde
zu verpflanzen. Und der Engel,
auf das Kind des Paradieses
liebevolle Blicke heftend,
»Wachse«, sprach er, »holde Blume,
wachse, blühe und gedeihe
unverwelklich, und erfreue
alle Augen, alle Herzen!
Möchten immer milde Lüfte
sanftbewegend Dich umschweben,
immer eine milde Sonne
Deinen stillen Reiz entfalten,
immer sie, in deren Mitte
Du so schön erblühtest, dankbar
sich an Deinem Anblick laben!
[68]Doch, in welchen fremden Boden
Auch das Schicksal Dich, Du Liebling
aller Himmlischen, versetze,
Sei getrost und fürchte keinen
Unfall, keinen Sturm! Denn niemals
wird Dein Engel Dich verlassen,
Der zum Schutz Dir zugegeben,
Deines heitern schönen Lebens
Heilge Flamme treu bewacht.«
Hier zerfloß die Engelsstimme
sanft im Hauch der Morgenlüfte
und ein Rosenwölkchen raubte
seinen Anblick meinen Augen.