Auf die Hommel- und Schelhasische Hochzeit

Den 7ten May 1737.


In anderer Namen.


Die Liebe lag und schlief, da kam ihr kleiner Sohn
Und weckte sie vom Schlaf, und sagte: Weist dus schon,
Es sind vor kurzer Zeit zwey muntre Advocaten
In einen Feder Streit, und zwar sehr scharf gerathen?
Man hat im Schöppen-Stuhl der Liebe vorgebracht:
Ob ein Gelehrter sich durchs Freyen glücklich macht:
Ob man ein Jungfer-Bild von zwanzig und mehr Jahren
Statt einer, welche schon mit reifen Silber-Haaren
Auf ihrem Haupte prangt, zur Liebsten suchen soll:
Ob man mit Witwen nicht vielmehr Vergnügens-voll
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Als Jungfern leben könt: Ob jene zu erwehlen:
Ich muß dir alles dieß, Frau Mutter! recht erzehlen.
Die Schriften hab ich hier; so liegt mirs auch im Sinn,
Weil ich im Schöppen-Stuhl der Acten-Schreiber bin.
Du wirst, wie dirs gehört, dich auch darzu bequehmen,
Das Urtheil und den Spruch mit nächsten vorzunehmen,
Er band die Acten auf. Nach diesen las er ihr
Cleanders Action mit lauter Sprache für:
Wie kan ein Gelehrter wohl durch das Freyen glücklich heisen?
Was er sonst vor Bücher gab, muß er nun auf Trank und Speisen,
Und auf Frauen-Hoffart wenden. Fehlt nicht ohne Unterlaß,
Heute dieß in Küch und Keller, und dann morgen wieder das?
Will er nicht von seiner Frau das Gebrumm und Knattern wissen,
Muß er von den Büchern gehn, und dieselbe öfters küssen.
Mein! was vor ein scheel Gesichte macht sie ihm, wofern er schreibt,
Und nicht immer bey ihr sitzet, und mit ihr die Zeit vertreibt!
O! wie ist ihm das verhaßt, wenn die Neubegierd der Frauen
Alles sehn und hören will! ja was macht ihm das vor Grauen,
Und vor Unruh und Beschwerde, wenn die Kinder um ihn seyn!
Ihn nur in Studiren hindern, und stets in die Ohren schreyn!
Was vor Sorge, was vor Müh bringet ihm ihr Auferziehen.
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Und besonders, wenn sie sich nicht um Kunst und Fleiß bemühen.
Darum lebt er viel vergnügter, viel beglückter, wenn er nicht
An das Heyraths-Werk gedenket, und der Liebe wiederspricht.
Weiter: welcher ist denn wohl der nicht alte Thaler liebet,
Und dem lang gelegnen Wein vor dem neuen Vorzug giebet?
Altes Bier hat keine Hefen, seine Reinlichkeit macht froh;
Warum wärs mit alten Jungfern und mit jungen nicht auch so?
Graue Jungfern haben schon Glut und Vorwitz abgeleget,
Und davor die Sitsamkeit in die edle Brust gepräget.
Wer sie freyet darf nicht sorgen, daß er kühne Schwäger kriegt,
Weil ihr Herz sich an der Biebel und an Sorge-Stuhl vergnügt.
Aber, wer was junges liebt, muß es auch geschehen lassen,
Wenn das aufgeweckte Kind will geschmückt an Fenstern passen.
Junge lieben Putz und Prangen, Thee, Caffee und Lombre-Spiel,
Zuspruch geben, Zuspruch nehmen. Ja! des Zeuges ist zu viel,
Das die junge Schönheit liebt. Solt ich hier von allen Dingen
Die mir wissend Rechnung thun, hätt ich Tag und Nacht zu singen.
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Junge Schönen sind zu hitzig; darum ist es wohl gethan,
Wenn man sich ein Schätzgen wehlet, das viel Jahre zehlen kan.
Welcher eine Witwe liebt, kan sein Glück vor andern machen,
Denn sie hat schon viel versucht; Diese weis in allen Sachen
Ihren Liebsten zu bedienen, wie ers immer wünschen mag;
Diese herzt und küßt ihn feurig: diese hat schon manchen Tag
Küch und Keller wohl versorgt, und den Haushalt klug geführet,
Heißt nicht dieses angenehm? wenn man schon die Früchte spühret,
Die ihr keuscher Ehstands-Garten ehedem hervor gebracht.
Wird man nicht auf solche Weise zum Pap- und Mama gemacht.
Angebaute Felder sind hochzuachten und zu preisen;
Dieses kan kein Jungferbild ihrem Anvertrauten weisen.
Jungfern müssen erst noch lernen, was zur Eh und Haus gehört,
Darum handelt der am besten, welcher sich zur Witwe kehrt.
Nach diesen laß er auch, was aus besondern Trieben,
Cleanders Gegenpart Helmenus aufgeschrieben.
Mit nichten irrt sich ein Gelehrter, wenn er von treuer Seele liebt,
Und seine Freyheit und sein Herze dem auserkohrnen Kinde giebt,
[257]
Die Amts-Geschäfte, Kiel und Buch, die Arbeits-Last und das Studiren,
Macht Haupt und Sinn und Kräfte schwach, dieß kan ein heiser Kuß curiren.
Wer sich beym Schreiben müde sitzet, den kan darauf nichts mehr erfreun,
Als dieß, er schläft zu seiner Stärkung in seiner liebsten Armen ein.
Der Pallas und der Policey kan er des Tags die Stunden schenken,
Und in der Nacht und Feder-Bett an seine schöne Gattin denken.
Schlief dort ein grauer König gerne in einer muntern Jugend Arm;
So wird gewiß kein frischer Jüngling an einer alten Jungfer warm.
Die alten sind allzeit fromm; es mangelt öfters gnug die Tugend;
Hingegen sieht man Zucht und Fleiß und Sittsamkeit an mancher Jugend:
Die Leibes-Kräfte sind noch munter, der ganze Geist ist stark und frisch,
Daher geht alles wohl von statten: Und so vermehrt sich auch der Tisch.
Wer liebt die angestochne Frucht? wer samlet gern erstorbne Reiser?
Wer schmückt sich in ein Motten-Kleid? wer ziehet gern in alte Häuser?
So ist es auch mit denen Witwen. Ein Jungferbild, ein frischer Straus.
Die Heyrath eines solchen Kindes bringt tausend Lieblichkeit ins Haus.
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Und wissens Witwen schon, wie sie die Männer zärtlich lieben sollen;
So lernens Jungfern auch wohl bald. Sie gehen warlich nicht mit Schmollen
Zu ihren Schatze in die Kammer. Ich denke wohl, sie wissen ihn
Zu seinem innersten Vergnügen, magnetisch nach sich hin zu ziehn.
Deswegen glaub ich auch, mein Wort wird vor Cleanders Meinung siegen,
Und ich werd in den Schöppen-Stuhl gewiß ein gutes Urtheil kriegen.
Der Acten-Schreiber schwieg, die Liebe aber sprach:
Helmenus schreibet gut, er geht der Wahrheit nach,
Drum soll das Urtheil auch auf seine Seite fallen.
Damit man aber auch von diesem Sieg bey allen
In Zukunft reden hört; so trag er jetzt zum Lohn
Ein schönes Jungfer-Bild, ein muntres Kind davon.
Sie brachte ihm darauf ein holdes Frauenzimmer,
Das ihn durch Geist und Witz und schöne Gaben immer
Vergnügt erhalten kan. Hier wird er zärtlich thun,
Und nach der Arbeits-Last mit Anmuth bey ihr ruhn.
Wir aber wünschen Euch zu eurem Hochzeit-Feste,
Viel tausend Wohlergehn, zu Eurer Eh das beste.
So, wie dein Doctor-Ring Dir Ehr und Ruhm gebracht,
So hat der Trau-Ring auch dein Herze froh gemacht.
Leb so mit deinem Kind, lieb so, wie du geschrieben,
Und such die Praxin recht der Liebe auszuüben.

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TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Hochzeit-Gedichte. Auf die Hommel- und Schelhasische Hochzeit. Auf die Hommel- und Schelhasische Hochzeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-ABA6-8