Geliebtes Bruder-Herz!
Was nehm ich an Dir wahr?
Dich schmückt ein Myrthen-Kranz; Du stehest am Altar,
Um einem Jungfer-Bild Ring, Hand und Ja zu geben,
Und nun in einem Fleisch mit ihr vergnügt zu leben.
Was kommt dir doch in Sinn? Auf einmahl heists gefreyt,
Und seine Haut verkauft. Du hast ja jederzeit
Der Liebe wiederstrebt; bist ihrer Macht entgangen;
Nun aber hat sie dich doch in ihr Netz gefangen.
[267]Wie leicht, wie gern, wie bald, ergiebst Du dich auch ihr!
Doch ihr geheimer Zug kömmt wohl nicht blos von dir,
Ihr Winken, dein Gefolg, dein Wehlen und dein Lieben,
Ist von der Allmachts-Hand längst in ihr Buch geschrieben.
Drum kans nicht anders seyn, Du gehst auf ihrer Spuhr,
Und folgst zu deinem Glück der Ordnung der Natur.
Mein Bruder! sage mir hast Du nicht wahrgenommen,
Ein Kaufmann ohne Weib kan nicht zum Wachsthum kommen?
Wer wart den Laden ab, wenn er die Briefe schreibt,
Und wenn die Zeit und Stund ihn auf die Messe treibt?
Die Freunde sind ja rar, wer darf den Worten trauen?
Nur ein getreues Weib kan unser Glücke bauen.
So bald die Allmachts-Hand die Welt und alles schuf.
So sah sie zum voraus, daß Amt, Stand und Beruf
Die stille Einsamkeit nicht fördre oder diene,
Noch durch dieselbige der Bau der Erden grüne.
Drum setzte sie zugleich den Stand der Ehe ein,
Es hieß: Der Mann soll Herr, das Weib Gehülfin seyn,
Und diese Ordnung hat bisher in allen Landen
So fest, als wie der Bau des Himmels selbst bestanden.
Mein Bruder! dieses hast Du gründlich eingesehn,
Drum wilst Du weiter nicht dem Himmel widerstehn,
Der dich zu lieben heist. Du trägst nunmehr die Ketten
Der süssen Sclaverey: Die dich von dem erretten,
Was dir in deinem Stand bisher beschwerlich fiel,
Und Ruh und Schlaf geraubt. Die Vorsicht ist im Spiel;
Die Allmacht leitet dich, und führet deine Sachen,
Und sucht es wunderlich, jedennoch wohl zu machen.
Du hast, mein Bruder-Herz! mit Klugheit und mit Schweiß
Die Handelschaft geführt, und dein gerechter Fleiß
Ist von der Allmachts-Hand nach Wunsch gesegnet worden.
Du trafst den Handelstand, den edlen Kaufmanns-Orden
Vor dich alleine an. Wie fügt es doch die Zeit,
Die unser innerstes oft sonderbar erfreut!
Sie setzet einen Tag vorm andern schön zum Seegen,
Woran uns oftermahls was wichtges muß begegnen.
Beglückter Bräutigam! Mein Bruder! dieser Tag
Dir ein besonderer vor andern heisen mag.
Heut sinds zwey Jahr, da du den Laden selbst geschlossen
Und Vortheil und Gewinst vor Dich allein genossen.
[268]Heut ist es ebenfals ein Jahr, an welchen du
Durch unsre Feuers-Noth und Glut aus deiner Ruh
So scharf getrieben warst. Du mustest nebst den andern
Mit Nahrung, Haab und Gut entweichen, fliehn und wandern.
Heut aber macht er dich zu einem Ehemann.
Er giebt dir eine Braut, von der man sagen kan:
Daß Jugend mit Verstand und Tugend sich verbunden.
Mein Bruder! Du hast nun das beste Gut gefunden,
Das einen Kaufmann labt und seinen Laden schmückt,
Das feine Schätze mehrt und seine Brust erquickt.
Der weiseste Regent muß selbsten frey bekennen:
Ein tugendhaftes Weib sey Lobens werth zu nennen;
Sie sey ein Kaufmanns-Schif, das reiche Ladung bringt,
Wodurch ein Kaufman sich schön in die Höhe schwingt.
Wer solte diesen Tag mit dir nicht glücklich schätzen?
Wie? solte ich mich nicht zugleich mit dir ergötzen?
Ich rühme, daß du dich der Liebe überläßt;
Ich freue mich mit dir an deinem Hochzeit-Fest.
Wo aber bleibt mein Wunsch bey deinen Hochzeit-Kerzen?
Vergnügter Bräutigam! aus brüderlichem Herzen
Wünsch ich zu deinem Band und keuschen Liebes-Kuß
Vergnügen und darbey des Seegens Uberfluß.
Dein Handel nehme zu; dein Haus müß sich vermehren,
Daß ich heut übers Jahr kan was zu schreyen hören.
Damit dir dieser Tag noch ferner merklich sey
Er leg dir jedesmahl was angenehmes bey
Ich schliesse, denn die Post läßt mich nicht länger schreiben.