Auf eben diese Vermählung

auch im andern Namen.


Hochwohlgebohrne Braut!
und Freundin, welche mich
So viele Jahre her vertraut und schwesterlich
Geliebt und hochgeschätzt, und die mir unter allen,
Im Umgang und an Treu besonders wohl gefallen,
Ach Freundin! wenn mein Herz an diese Stunden denkt,
In welchen unser Sinn sich allzeit gleich gelenkt,
So bin ich höchst vergnügt; jetzt aber muß ich klagen,
Warum? ich hör von dir die Abschieds-Worte sagen.
Du ziehst nunmehr von mir, du gehst, ach welch ein Schmerz!
Warum? Du hast geliebt, du hast nunmehr dein Herz
An einem Cavalier und Helden übergeben.
Du wirst mit Stettnern nun hinfort verbunden leben.
Dein Band bewein ich nicht, ich strafe nicht die Wahl,
Dein Lieben ist sehr schön, dein Schatz, der in der Zahl
Der Liebens-Werthen steht, kan dir bey seinen Waffen
Und tapfern Ritter-Geist, nichts als Vergnügen schaffen.
Nur dieses schmerzet mich, daß ich dich nicht mehr hier
So herzlich lieben kan, das kränkt mich, daß du mir
Dein Antlitz nun entzeuchst! Wer wird den Platz ersetzen,
Mit dem ich mich so kan, als wie mit dir ergötzen?
Indessen, da es nun der Himmel so gefügt,
Daß dich ein treues Herz zu Neuenburg vergnügt;
So will ich deinem Glück durchaus nicht widerstehen,
Vielmehr dasselbige mit vielen Freuden sehen.
Jetzt aber, da man dich als eine Braut betracht,
Und mir der Ruf ein Blat mit Jauchzen zugebracht,
Das sich zur Hochzeit schickt, und auf Euch Beyde gehet;
So nehmts denn von mir an, und leset, was drauf stehet.
Ich aber füge noch aus alter Freundschafts-Treu
Dir diesen heisen Wunsch an deiner Hochzeit bey:
Der Himmel gebe dir, was deine Seel begehret,
Und dir Vergnügen bringt, und deinen Wohlstand mehret.
Jetzt, da Germanien im Schooß des Friedens ruht,
Und man von Schwerd und Stahl, Brand, Feuer, Wuth und Blut,
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Von Krieg und Feld-Geschrey nun nichts mehr hört und siehet,
Und zu des Reiches Glück der Friedens-Palmbaum blühet.
Jetzt sag ich noch einmahl, zu dieser güldnen Zeit,
Da sich die Brust ergötzt, da sich der Geist erfreut,
Zog durch Germanien ein Weib, sie hieß die Liebe.
Sie schrie und weinete, die Augen waren trübe,
Das Antlitz war sehr blaß, die Lippen waren bleich,
Sie rung und wund die Händ, und rief: Wie? komt mein Reich,
Das ja die ganze Welt bekämpft und überwunden,
Und stets gesieget hat, zu diesen frohen Stunden
In Abgang und Verfall? Man dient mir fast nicht mehr,
Die Helden geben mir nur gar zu schlecht Gehör,
Wie öfters schlug ich sonst den Held in Kett- und Banden.
Jetzt aber wird mein Sieg und mein Triumph zu schanden.
Die Tapferkeit, die ihr gleich drauf entgegen kam,
Und dieses Klag-Geschrey nicht ohne Lust vernahm,
Fiel ihr sogleich ins Wort, und sprach mit frohen Mienen:
Die Helden rühm ich hoch, die dir nicht eifrig dienen.
Vor Helden schickt sichs nicht, das sie so zärtlich thun,
Und bey dem Frauenvolk auf Mund und Lippen ruhn.
Ich sehe warlich nicht; ein Sclave in dem Bette,
Ein Sieger in dem Feld, obs eine Gleichheit hätte.
Bley, Pulver, Helm und Schweiß, und ein gefärbtes Schwerd,
Das ist, was Helden schmückt. Mein Feuer und mein Heerd
Wird von der Helden Zahl aufs würdigste verehret;
Da sich dein Opfer-Dienst mehr mindert als vermehret.
Die Liebe brach hierauf in Zorn und Eifer loß,
Und sprach zur Tapferkeit: Wie? ist dein Stolz so groß?
Wie? wilst du meine Kraft und meine Macht beschimpfen,
Und noch so frech und kühn darzu die Nase rümpfen?
Ich schwör bey meiner Hand, die alles in der Welt
Bemeistert und bekämpft, besieget, schlägt und fällt,
Ich will nicht eher ruhn; du habest denn gesehen,
Daß mir der schönste Held auch muß zu Dienste stehen!
Ich zwinge heute noch ein muntres Helden-Herz,
Und eine tapfre Brust, die bis daher nur Scherz
Mit meinem sanften Joch und meiner Kraft getrieben:
Die, sag ich, soll noch heut am allerschärfsten lieben.
Der Freyherr Stettner war der Held, der ihr zum Ziel
Und kräftigsten Beweiß gleich in die Sinnen fiel.
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Hier sprach sie: dieser Held soll dir ein Zeugniß geben,
Daß es unmöglich sey mir je zu wiederstreben.
Ich brauch zu meinen Sieg, wie du kein Schwerd noch Stahl;
Und dennoch triumphier und sieg ich allemahl.
Die Waffen meiner Hand sind Blicke, Wort und Mienen.
Die können nur allein zu meinem Entzweck dienen.
Die Liebe stellte drauf Rockhausen andres Kind,
Ein Fräulein, wo man Schmuck, Stand, Schönheit, Jugend findt,
Dem Frey-Herrn Stetnern vor. Da gab er sich gefangen.
Die Liebe drang ins Herz, und färbte Stirn und Wangen.
Er sahe höchst entzückt die schöne Feindin an,
Die ihn in Fesseln schlug, daß er als Unterthan
Der Liebe huldigte. Er zeigte die Beschwerden,
Und seine Leidenschaft, durch Mienen und Geberden.
So war der Held entkräft! der Held, der nie kein Blut,
Dampf, Pulver, Schwerd noch Schlag, der keiner Feinde Wuth
Gefürchtet und gescheut, lag nun in Strick und Banden.
Worauf die Liebe rief: Nun ist mein Sieg vorhanden!
Hier siehst du Tapferkeit! wie wahr die Liebe spricht!
Nun bin ich aus dem Schimpf! nun höhn mich weiter nicht!
Der Liebe Vorwurf drang der Tapferkeit durchs Herze,
Sie schwur darauf im Ernst: So wahr als eine Kerze,
Und noch viel tausend mehr, den Erden-Kreis beleucht!
Und keine kluge Braut aus ihrer Braut-Nacht beicht;
So wahr und so gewiß, will ich auch heute siegen,
Und mein gebührend Lob nach meinem Wunsche kriegen!
Sie sprach darauf beherzt zu Stettnern: Wehrter Sohn!
Was stellst du dich so mat? wilst du zu meinem Hohn,
Der Liebe Sclave seyn? Ich habe zwar vernommen,
Wodurch du in die Noth darin du liegst gekommen.
Ein Fräulein hat durch Blick, durch Worte, Geist und Mund,
Gestalt und Artlichkeit dein Helden-Herz verwundt;
Allein ermuntre dich! erwecke deine Geister!
Sey deiner Sinne Herr, und deines Willens Meister.
Bezeug dich als ein Held, greif diese Feindin an,
Die dir jetzt den Verdruß durch ihre Kunst gethan.
Hat sie dein Herz bestürmt; so must du dahin ringen,
Sie gleichfals um ihr Herz zu deinem Ruhm zu bringen.
Schau dieser Schönen Herz als eine Festung an.
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Stürm auf dieselbe loß, so sehr man stürmen kan!
Wirf Feuer in sie ein; halt an mit Bombardiren,
So wirst du als ein Held auch rühmlich triumphiren.
Dieß Trost-Wort drang dem Held durch Adern, Geist und Mark,
Er fühlte eine Kraft, er ward zum Streiten stark,
Er grif die Festung an: Es ist ihm auch gelungen.
Er hat sie, wie sie ihn, bestürmt und auch bezwungen.
Drauf rief die Tapferkeit mit starkem Jauchzem aus.
Hier ist vor mich und dich ein rechtes Sieges-Haus;
Die Liebe fiel ihr bey, und Beyde musten sagen,
Wir haben unsern Ruhm und Sieg davon getragen.
Die Liebe fuhr drauf fort: Nun, forderts auch die Pflicht,
Daß man den liebenden ein Wort zum Troste spricht.
Eins schlug dem anderen die angenehmen Wunden,
Eins hat des andern Herz bestürmt und überwunden,
Der Schmerz und Sieg ist gleich. Nun seynd wir drauf bedacht,
Daß man nach dem Gebrauch auch einen Frieden macht.
Doch wirds nicht schlechterdings bey diesen Worten bleiben,
Wir setzen Puncte auf, die mag man unterschreiben.
Zum ersten soll das Paar, das jetzt in Liebe liegt,
Und scharf gefochten hat, einander höchst vergnügt
Mit Blicken, Geist und Hand und Mund entgegen schreiten
Doch soll ein heiser Kuß auch diesen Gang begleiten.
Zum andern sollen Sie an einer heilgen Statt,
Und wo man den Altar darzu erbauet hat,
Wo viele Zeugen sind, und Arons Schellen klingen,
Nach wohl geschloßnem Krieg auch ihr Triumpf-Lied singen.
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Zum dritten, wenn sie nun vor diesen Altar stehn,
So soll aus ihrem Mund ein frey Bekäntniß gehn:
Daß eins das andere aufs reinste wolle lieben,
Auch keins das andere, als durch den Tod betrüben.
Und viertens sollen sie, zum Zeugniß, daß dieß Band
Auf ewig dauren soll, einander Ring und Hand
Mit einem holden ja, vergnügt und frölich geben.
Dieß willigte dieß Paar, und sonder Wiederstreben
Ward zu der Unterschrift (L.S.) mit eingerückt,
Drauf sprach die Liebe laut: Ihr Beyden seyd beglückt;
Wie glücklich seyd ihr doch in eurem Krieg gewesen!
Man wird von diesem Sieg bald grösser Zeugniß lesen.
Ich heise euren Bund und euren Frieden gut,
Und weil du schöne Braut! gar hitzges Fleisch und Blut,
Und vieles Feuer hast; so wird sichs leichtlich fügen,
Daß du in kurzer Zeit wirst etwas kleines wiegen.
Es rief die Tapferkeit, auch gleichfals überlaut:
O tapfrer Bräutigam! und Siegesvolle Braut!
Lebt glücklich! streitet gut! kämpft muthig, ringt als Helden!
So wird man viel von euch der Ewigkeit vermelden.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Hochzeit-Gedichte. Auf eben diese Vermählung. Auf eben diese Vermählung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC39-3