Den höchst-erfreuten Gedächtniß-Tag, an welchem der Hochwürdigste, Durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Phillipp Carl, des Heil. Stuhls zu Maynz Erz-Bischof, des Heil. Römischen Reichs durch Germanien Erz-Canzler und Churfürst etc.

Unser Gnädigster Churfürst und Landes-Vater, zu unaussprechlichen Vergnügen derer sämtlichen getreuen Unterthanen von dem Hochwürdigen Dohm-Capittel zu Maynz zum Erz-Bischof und Churfürsten erwehlet worden, suchte mit poetischer Feder demüthigst zu verehren


Den 9ten des Brachmonats 1737.


Wie herrlich blühet unser Reich?
Was vor ein Seegen wird verspühret?
Wir sind beglückt, weil uns zugleich
Ein fromm und tapfres Haupt regieret.
Da uns ein weiser Fürst beschützt,
Da uns ein Starker unterstützt,
So steht das Glück uns stets zur Seiten.
So jauchzte man am Tiber-Strom;
So sang, so rief das Volk zu Rom
Zu Augusts und Trajanus Zeiten.
[440]
Wo ist August, der Römer Zier?
Wo ist Trajan? sie sind verschwunden.
An unserm Churfürst haben wir
Ihr beyder Ebenbild gefunden.
Ist Carl nicht seines Volkes Lust?
Schmückt ihn nicht eine fromme Brust?
Besitzt er nicht die höchsten Gaben?
Bey ihm trift man da alles an,
Was man nur jemahls wünschen kan,
Und grosse Fürsten nöthig haben.
Der stolz und weltbekannte Rhein
Fließt gern und froh durch Carls Gebiethe.
O! solte dieser redend seyn,
Er preißte dessen Macht und Güte.
Die Gere schwillt vor Freuden auf,
Und hemmt oft ihren schnellen Lauf,
Um Carl beglücktes Reich zu wässern.
Sie wächset unter dessen Schutz,
Und bringt dem Lande Frucht und Nutz,
Dadurch sich Feld und Fluren bessern.
Durch was ist, sehr beglücktes Land!
Durch was ist doch wohl dein Vergnügen,
Dein höchst erwünschter Ruhe-Stand,
Dein Heil und Wohl so hoch gestiegen?
Ists nicht der Tag, an dem die Zahl
Hochwürdger Väter jene Wahl
Des Grossen Churfürsts unternommen?
Durch diesen Tag, durch diesen Schluß,
Ist nun des Seegens Uberfluß,
Auf alle Unterthanen kommen.
[441]
Rom feyerte auf manche Art
Die Lebens-Tage seiner Kayser.
Es wurde nichts an Pracht gespahrt,
Man schmückte Straßen, Plätz und Häuser.
Ist dieser Tag nicht gleich so schön,
An dem die edle Wahl geschehn,
Die uns den Landes-Fürsten schenket?
Sie stellt uns ja des Volkes Zier,
Den Theuren Landes-Vater für,
Der nur auf unsre Wohlfahrt denket.
Mein Churfürst! dieser Wahl-Tag ist
Ein Jubel-Fest der Unterthanen.
Der Tag, da Du erhaben bist,
Muß uns den Weg zur Freude bahnen.
Der ist kein redlich Landes-Kind;
Der ist gewiß nicht treu gesinnt;
Der ist nicht tugendhaft zu nennen;
Der diesen Tag nicht heilig schätzt,
Der sich nicht inniglich ergötzt;
Da wir voll heiser Liebe brennen.
Dort mußte Babels güldnes Bild
Verehrt und angebethet werden.
Mein Churfürst! Du bist unser Schild,
Und starker Schutz-Gott auf der Erden.
Dein Bild wird nicht auf einem Feld;
Nein, in den Herzen aufgestellt:
Da suchen wir Dich anzubeten.
Ein jeder treuer Unterthan
Beth' Dich mit Lust und Liebe an,
Ohn ein Gebot zu übertreten.
[442]
Die Allmacht hat von Ewigkeit
Uns tief ins Herze eingeschrieben,
Die hohen Häupter unsrer Zeit,
Die Fürsten unsers Volks zu lieben.
Sie prägt zugleich die Ehrfurcht ein:
Denn beydes muß beysammen seyn,
Mit beyden muß man ihn verehren.
An Saul zeigt Davids Furcht und Treu,
Daß ein Vasall verbunden sey,
Kein Stück von beyden zu versehren.
Vollkommnes Reich! erhöhter Staat!
Beglückte Völker und Provinzen!
Wo man das Recht zu wehlen hat:
Ihr wehlt euch allzeit kluge Prinzen.
Ihr sucht euch stets aus einem Haus
Ein würdig Haupt zum Fürsten aus,
Ein Haupt von hohen Fürsten-Gaben.
So blüht ein Reich, so wächst sein Flor,
So steigt der Völker Glück empor,
Wenn sie im Wehlen Freyheit haben.
Der Mißbrauch von der freyen Wahl
Hat sich zwar öfters gnug gezeiget,
Wenn dort durch güldner Münze Zahl
Ein Kayser seinen Thron besteiget:
Wenn dort ein Fürst durch Macht und List
Zum Regiment gekommen ist;
Dieß aber kan hier nie geschehen;
Die Chur wird denen nur zu Theil,
Die auf des Deutschen Reiches Heil,
Und auf der Bürger Wohlfahrt sehen.
[443]
Man sagt dem Glück zum Schimpfe nach,
Daß es oft blind in Wehlen wäre.
Es krönte manchen Staat zur Schmach,
Ein unverdientes Haupt mit Ehre.
Allein hier gilt der Vorwurf nicht,
Denn unsers Churfürsts Angesicht
Zeigt lauter Götter-gleiche Mienen.
Sein Herz ist Fürstlich ausgeschmückt,
Drum nennt sich jedermann beglückt,
Herr! unter deinem Schutz zu dienen.
Die Ehre ist dem Schatten gleich,
Sie folget dem, der vor ihr fliehet.
So folgt auch öfters Kron und Reich
Dem, der sich nicht darum bemühet.
Du hast, mein Bischof, nach der Pracht.
Des Stabs und Chur-Huts nie getracht;
Du hast wohl nie darnach gerungen.
Die Ehre hat dich doch gesucht;
Dieß ist der Demuth schönste Frucht;
So hast du dich empor geschwungen.
Das Erbrecht legt zwar Tittel bey;
Allein Verdienste kans nicht geben,
Ein Fürst so groß sein Reich auch sey,
Muß sich durch seinen Geist erheben.
Der Fürsten-Hut bringt nicht allein
Macht, Ansehn, Lieb und Ehrfurcht ein;
Die Kunst vortreflich zu regieren;
Die Herzen-lenkende Gewalt,
Wort, Werke, Mienen und Gestalt,
Sind fähig alles auszuführen.
[444]
Bey manchem Fürsten siehet man
Nichts Fürstlichs auser seinen Namen,
Er ist der Laster Unterthan,
Und mehret dadurch ihren Saamen.
Er dient fast seine Lebens-Zeit
Der schnöden Niederträchtigkeit,
Und lässet sich von ihr regieren.
Er ist der Diener ihr Vasall;
Warum, er läßt sich überall
Nach ihren eignen Willen führen.
Du aber, Grosser Landens-Fürst!
Läßt deine Macht und Herrschaft sehen,
Denn was du thust und sagen wirst,
Das muß nach deinem Wink geschehen.
Du siehest alles selber ein,
Die Diener müssen Diener seyn,
Und deinen Willen heilig ehren.
Dein Rath, Befehl, Gesetz und Wort
Vollzieht man hier, vollstreckt man dort,
So muß dein Ansehn sich vermehren.
Du bist ein Numa, der dem Land
Viel schön und heilge Lehren giebet.
Dein reines Wesen ist bekannt,
Das du beständig ausgeübet.
Du stehst fast oben am Altar
Nach Clemenz, welcher offenbar,
Dich vor ein frommes Haupt erkennet.
Dein Stuhl kennt deine Andachts-Glut
So, wie das Volk, das voller Muth
Dich seinen frommen Churfürst nennet.
[445]
Das Korn-Haus Achmets kan der Fluß
Des starken Nils so reich nicht wässern.
Noch durch der Ströme Uberfluß
Die Saaten, so vortrefflich bessern;
Als wie ein Land gesegnet wird,
Wenn es ein treu- und frommer Hirt
Versorgt, regieret, pflegt und weidet.
Sein Mund, der durch die weite Luft
Vors Volk und Land zum Himmel ruft,
Macht, daß es keinen Mangel leidet.
Der Zeiten Buch weiß uns nicht gnug
Des Osirs hohen Geist zu preisen.
Auch Deutschland kan mit gutem Fug
Uns jetzt in CARLN den Osir weisen.
Du strahlst in Deinem eignen Licht,
Es fehlt Dir auch an Weisheit nicht,
Der Kayser hat sie oft gesehen;
CARL unser Größter Schutz-Gott weiß
Wie viel durch Deinen stillen Fleiß
Dem ganzen Reiche guts geschehen.
CARL sieht auf CARLN und auch aufs Reich
Und sucht es schön zu unterstützen.
Er ist dem Berge Atlas gleich,
Er hilft es tragen und beschützen.
Der Adler fleucht zur Sonne auf;
Doch pflegt er sich in seinem Lauf
Nach seinen Jungen umzuschauen.
So machts auch CARL: Er sieht auf Wien;
Und will darbey sich auch bemühn,
Der Unterthanen Glück zu bauen.
[446]
Du Janus, welcher vor uns wacht!
O Vater! der Du uns stets liebest,
Und uns durch Deine Güt und Macht
Schutz, Schirm und Brod und Nahrung giebest.
O Landes-Vater! nicht ein Mann,
Kein Weib, kein Kind, kein Unterthan,
Darf über Dein Regieren klagen.
Kein Mensch erseufzet unter Dir,
Du sorgst für uns, dieß müssen wir
Zu Deinem größten Ruhme sagen.
Gott Lob! so glücklich leben wir!
Dein Stuhl heist uns ein Stuhl der Gnaden;
Dein Bischofs-Hut ist unsre Zier,
Kein Unfall kan uns niemals schaden.
Als Bischof weydest Du uns treu;
Du stehst uns als ein Hirte bey;
Wo kan uns nun ein Feind erschrecken?
O Landes-Fürst! Dein Bischofs-Stab
Gibt uns den schönsten Führer ab,
Und weis uns kräftig zu bedecken.
Der Himmel ändert oft die Luft;
Wenn er am Morgen lieblich scheinet;
So folgt doch bald ein trüber Duft;
Er stürmt und raßt, und blitzt und weinet.
So machts auch mancher junger Held,
Und neuer Fürst, der sich verstellt;
Er zeigt im Anfang Gnad und Liebe;
Bald aber ändert sich sein Sinn;
Da fällt die erste Regung hin;
Da wird der klare Himmel trübe.
[447]
Du aber bist nicht so gesinnt,
Die Liebe wächst mit deinen Tagen,
Dein Herz bleibt nach wie vor gelind,
Und setzt uns nicht in Furcht und Zagen.
Du bist als wie ein Rosen-Stock,
Um welchen stets viel hundert Schock
Beliebt und muntre Bienen fliegen.
Die ihre Nahrung, Stärk und Kraft,
Und ihren angenehmen Saft
Aus seinen süssen Blumen kriegen.
Der bunte Regenbogen bringt
Den Augen Lust, dem Lande Regen.
Der Land-Mann ist vergnügt, und singt,
Und prophezeyt sich reichen Seegen.
Mit Fürsten ist es eben so,
Ihr Antlitz macht das Auge froh,
Indem es lauter Gnade siehet;
Sie sind und gleichen dem Magnet,
Der, weil sich alles nach ihm dreht,
Die Herzen kräftig zu sich ziehet.
Herr! du bist nicht wie Sigismund,
Der sonst berühmt und edle Kayser.
Du liebest nicht der Schmeichler Mund;
Sie finden keine Lorber-Reiser.
Du lohnest jeden treuen Knecht,
Nach Großmuth, Gnad, Verdienst und Recht,
Und läßt sie nicht durchs Looß erwehlen.
Bey dir kömmts nicht aufs Glücke an,
Wer seine Dienste treu gethan,
Dem kans bey dir ohnmöglich fehlen.
[448]
Das Sonnen-Licht bestrahlt nicht nur
Der Berge Gipfel; auch in Gründen,
Auf klein und tiefgelegner Flur
Läßt sich ihr wärmend Feuer finden.
So machts ein löblicher Regent,
Der Gnad und Recht auch denen gönnt,
Die arm und klein im Lande heisen.
Den größten und geringsten Knecht,
Entzieht er weder Hülf noch Recht;
Er will sich jeden gleich beweisen.
O mild und treues Vater-Herz!
Wo darf ein Armer seufzend klagen,
Du woltest ihm in seinem Schmerz,
In seiner Noth das Recht versagen?
Du siehst nicht die Personen an,
Du schützest jeden Unterthan,
Und lässest ihm sein Recht geniessen.
Du schonest auch der Boßheit nicht,
Du ziehst den Sünder vors Gericht,
Er muß vor seine Thorheit büssen.
So lange das Paladium
In dem berühmten Trajo hienge,
Genoß es Ehre, Glück und Ruhm,
Daß auch sein Flor nicht untergienge.
So lang CARL unser Schutz-Gott lebt,
Und uns zu gut Sein Haupt erhebt;
So lange wirds uns glücklich gehen;
So lang als CARL mit Seiner Macht
Und Vater-Liebe vor uns wacht,
Wird unser Land in Seegen stehen.
[449]
Wo geht bei Dir ein Tag vorbey,
Da Du nicht Gutes unternommen?
Mit jedem Tag wächst Deine Treu;
Durch Dich sind wir in Wohlstand kommen.
Du bist uns ein Vespasian,
Ein edelmüthiger Trajan;
Dein Muth steigt über Reich und Kronen.
O holde Zeit! in welcher wir,
Vollkommner Churfürst! unter Dir
Und unter Deinem Schatten wohnen.
Wie aber soll nach Würdigkeit
Der heutge Tag besungen werden?
Mit Jauchzen und Zufriedenheit,
Doch auch mit heiligen Geberden.
Ich weiß, ein jeder ruft mit mir:
Die Allmacht walte über Dir,
Und mehre deine Fürsten-Jahre,
Biß Du, mein theurer Landes-Fürst!
Des Throns und Lebens müde wirst,
Damit Dein Geist zun Vätern fahre.

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TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Lob- Ehren- und Glückwünschende Gedichte. Gedächtniß-Tag. Gedächtniß-Tag. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC8B-D