Serenata. Auf Herrn Licentiat Brehm erhaltene Doctor-Würde

Den 18. des Winterm. 1734.

Der Tod

Triumph! Triumph!
Ich bin der Mächtigste der Welt:
Vor mir ist nichts zu feste,
Ich dring in Hütten und Paläste,
Und schalte, wie ich immer will.
Drum singe ich
Beständiglich:
Ich mache alle Waffen stumpf,
Triumph! Triumph!
Der grosse Hannibal sprach einst aus Ubermuth:
Beweg ich meinen Fuß,
Und trete auf, so muß
[328]
Ganz Asia davon erschüttern,
Ja alle Creaturen müssen zittern.
Seht, was der Ehrgeiz thut!
Auch Alexander rühmte sich:
Sein Vorsatz wär ihm stets gelungen,
Er hab nicht Asiam, nein, alle Welt bezwungen.
Gemach! gemach!
War Hannibal schon ein berufner Held;
Fiel auch vor Alexanders Schwerd ein grosser Theil der Welt!
So mußt ich doch nur ihrer Herrschaft lachen.
Ich kunte sie gar bald zu Schanden machen:
Ein jeder war ja selbst mein Unterthan,
Und ich nahm sie nach meiner Art;
Da mirs gelegen war,
Zur Knechtschaft an.
Vor mir erzittert alles was da lebt,
Was sich mit Purpur deckt, und was am Staube klebt.
Ich bin der Herr und Sieger dieser Welt!
Ich zeige mich in Feldern, Thälern und Gebürgen,
Und kan mit einem Hauch die Creaturen würgen.
O! wie leicht ist mir das Siegen,
Daß mein Reich vergrössert wird!
Soll sich einer niederbiegen,
Er sey König, oder Hirt,
Steht es bloß in meiner Macht,
Und ich sing bey Tag und Nacht:
O! wie leicht ist mir das Siegen,
Daß mein Reich vergrössert wird!
Die Niedrigen, die Armen und Verachten;
Die fast vor Durst, vor Hunger, Elend und Betrübniß schmachte
Besuch ich nicht allein;
Nein, nein,
Ich wende mich zugleich nach Reichen,
Nach Fürsten Häusern und nach Kronen.
Auch die so in den prächtigen Palästen wohnen.
[329]
Besieg ich gleich, und mache sie zu Schimmel,
Und diese Macht giebt mir der Herr im Himmel.
Den fürcht und dien ich nur,
Sonst keiner Creatur.
Es ist mir weder Carl noch sein Eugen zu gleichen.
Mein Sprichwort heist: Ich weiche keinem.
Die Natur:

Halt ein! halt ein!
Du weichest gleichwohl einem.
Der Tod:

Wo kommst du mit dem Vortrag her?
Wer wäre der?
Ich schmiege mich vor keinen.
Die Natur:

Es bleibt darbey, vor Einem.
Der Tod:

So nenn ihn frey.
Die Natur:

Dein Gegner ist die Kunst der Arzeney.
Dieselbe stehet mir zur Linken und zur Rechten,
Und hilft mir wieder dich und deinen Anlauf fechten.
Keiner,
Auch nicht Einer,
Traue seiner Macht zu viel.
Rühmen schwindet,
Denn man findet
Oftermahls das Gegenspiel.
Keiner,
Auch nicht einer,
Traue seiner Macht zu viel.
Oft wird wohl eine feste Stadt
Berennt, bestürmt und hitzig gnug beschossen,
Doch folgt nicht gleich daraus,
Nun ist ihr Ruhm, Macht, Ehr und Freyheit aus.
[330]
Nein, nein, so lang sie Kraft zum Widerstande hat,
So wird kein Friedens-Brief geschlossen:
Sie streit, sie kämpft und schlägt wohl gar den Feind zurücke,
Und danket noch wie vor der Vorsicht und dem Glücke.
So geht es auch mit dir;
Du suchest mich durch deine Abgesandten,
Brand, Fieber, Hitze, Friesel, Kälte, Gicht und Stein,
Und was noch sonst dein Werkzeug möchte seyn,
Recht feindlich anzufallen:
Du meintst, vor deinem Grau
Solt unsers Leibes fester Bau
So gleich zersplittern, brechen und darnieder liegen.
Das bilde dir nicht ein;
So lang die Kunst der Arzeney noch grünet;
So lang ein kluger Arzt vor meine Wohlfahrt wacht,
Und mir als wie ein treuer Priester dienet;
So lang erzittre ich noch nicht vor deiner Macht.
Dein feindlich Heer, und ihr verschoßner Pfeil,
Muß oft nach einer Weil
Zu deinem Hohn zurücke prallen.
Wurzeln, Stauden, Blüthen, Blätter,
Jedes wird mir zum Erretter,
Durch die Kunst der Arzeney.
Vor des Todes Grimm und Waffen,
Kan ich mir schon Rath verschaffen,
Denn die Kunst der Arzeney
Stehet mir nachdrücklich bey.
Die Arzeney-Kunst:

Der Herr hat zwar durch ein Gebot,
Dem Tod
Die Fördrung aus dem Leben
Zur Sünden-Strafe übergeben.
Drum kan man dir zwar nicht entgehen,
Doch aber kan man dir auf viele Jahre widerstehen.
Der Herr, der Gras und Kraut aus nichts hervor gebracht,
Der hat es auch mit Kraft und Saft bedacht;
So, daß, was in demselben steckt,
Durch mich noch mehr wird aufgedeckt.
[331]
Hiermit erhalte ich die Lebens-Glieder,
Und bringe die verlohrnen Kräfte wieder.
Sucht eine Krankheit die Natur
Zu schwächen, zuermatten,
So komm ich ihr vernünftig und mit Fleiß zu statten:
Und also dien ich jeder Creatur.
Mich lieben allzeit Könige und Käyser,
Durch mich frolocken ihre Häuser,
Und meine Priester halten sie in Ehren,
Dieweil sie ihre Tage mehren.
Der Herr der unsre Wohlfarth liebet,
Der ists, der kluge Aerzte giebet.
Und ein vernünftger ehret sie.
Ein treuer Artzt spahrt keine Müh
Und Vorsicht vor des andern Ruh;
Er setzt wohl gar sein Leben zu.
Der Herr, der unsre Wohlfarth liebet,
Der ists, der kluge Aerzte giebet,
Und ein Vernünftger ehret sie.
Erwege nur, wie hier und dort,
An diesem und an jenem Ort,
Geschickt, berühmt und kluge Aerzte wohnen,
Die mich verehren und auch lieben,
Und die ich auch daher ins Buch der Würdigsten geschrieben.
Ich will jetzt vieler Namen schonen,
Ich melde hier nur meinen theuren Brehmen,
Der kan das Vorzugs-Recht vor vielen andern nehmen.
Gedenke dran,
Was hat er dir vor Abbruch schon gethan?
Wie viele hat er schon aus deiner Faust gerissen;
Wie mancher hätte längst ins Gras gebissen.
Wenn er es nicht durch mich verhindert hätte.
Ich wette,
Er wird sich ferner auch bemühen.
Dir manchen aus den kalten Arm zu ziehen
[332]
Die Natur:

Ja Brehme hilft mir auf,
Er stärket mich, und fördert meinen Lauf.
Die Arzeney-Kunst:

Gicht, Fieber, Wassersucht und Brand,
Erhalten stets durch mich den stärksten Wiederstand;
So müssen deine Boten weichen,
Und du kanst nicht nach Wunsch den Zweck erreichen.
Nun sage mir/ o Tod!
Wird denn nicht deiner Macht durch kluge Aerzte scharf gedroht?
Nun sprich nicht mehr: ich weiche keinem.
Der Tod:

Dieß ist ein Wort, das frißt und beißt;
Dieß ist ein Wort, das Muth und Kräfte niederschmeißt.
Ich soll mich von der Arzeney,
Also beschimpfen und verhöhnen lassen?
Ich, Herr der Welt und aller Potentaten,
Soll einem Arzt und seiner Klugheit weichen?
Dieß Donner-Wort, schlägt mir den Arm entzwey.
Ich wolte, daß die Aerzte wären,
Da, wo man sie nicht mehr kan sehn noch hören!
O! könt ich meinen Wunsch erreichen,
So wolte ich, daß Brehm – – –
Die Arzney-Kunst:

Schweig nur, mich deucht,
Mein Brehm wird nicht so leicht,
In deine Hand gerathen:
Denn ich beschützt die Vorsicht Tag und Nacht,
Mit Vorbedacht.
Die Vorsicht:

Unter meiner Flügel Schatten,
Kanst du ohne Sorgen seyn,
Und dich mit Vergnügen gatten,
Denn ich steure aller Pein.
Vor des Schicksals Zorn und Wüthen,
Will ich dich mit Macht behüten.
[333]
Unter meiner Flügel Schatten,
Kanst du ohne Sorgen seyn.
Die Ehre:

Heut ist der Tag, daß Brehme
Der Priester der Natur
Den würdgen Doctor-Hut von meinen Händen nehme.
Dieß ist der Lohn vor deine Klugheit, Müh und Fleiß,
Und den damit verknüpften Schweiß.
Das Glück:

So lebe und blühe in stetem Vergnügen!
Es ziehe die Ehre dich weiter hervor!
Dich möge auch niemahls ein Ubel besiegen;
So leben die Deinen und andern im Flor.

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TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Lob- Ehren- und Glückwünschende Gedichte. Serenata. Auf Herrn Licentiat Brehm erhaltene Doctor-Würde. Serenata. Auf Herrn Licentiat Brehm erhaltene Doctor-Würde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC92-C