Unterthänigst Sendschreiben an Ihro Hochfürstl. Durchl. bey Zurücksendung eines Buchs

Fürst, Herzog, Held, und Herr!
Weil mich Dein Gnaden-Strahl,
Und deine Fürsten-Huld so viel so oftermahl
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Beglückt und froh gemacht. Und weil zu jeden Stunden
Mein Vers an dir, o Held! ein gnädges Auge funden,
So ist mein Geist getrost, und glaubt, daß auch dieß Blat
Ein gleiches Fürsten-Glück von dir zu hoffen hat.
Durchlauchtster! dein Befehl, daß ich soll Verse schreiben,
Ist kräftig, meinen Kiel zum Dichten anzutreiben:
Die Ehrfurcht aber folgt doch jeder Zeile nach.
Nur ich betaure sehr, daß ich so matt und schwach,
Zum hohen Dichten bin. Dein Purpur fordert Gaben,
Geist, Feuer, Nettigkeit. O möcht ich dieses haben,
So stimmte ich mit Fleiß die Dichter-Flöte an!
So aber schreibt mein Kiel, so gut er jetzo kan.
Du hast, Durchlauchtster Held! mir jüngst ein Buch geliehen,
Woraus nach Bienen-Art ich solte Hong ziehen.
Du gabst mir auch zugleich das holde Fürsten-Wort:
Daß, wenn ichs durchgesehn, so solte ich so fort
Dir, Hochgeprießner Fürst! auch meine Meinung sagen,
Wie mirs gefallen hat. Wie aber soll ichs wagen?
Ich bin kein Philosoph, auch kein Theologus,
Wer davon sprechen soll, und reden will, der muß
Physic, Philosophie, und heilge Schrift verstehen,
Sonst denkt und schließt er falsch und würd es nur verdrehen.
Damit ich aber Dir, mein Fürst! gehorsam bin;
Ey, so entdeck ich Dir darüber meinen Sinn:
Es ist in diesem Buch ganz angenehm zu lesen,
Und ist mir manchesmahl ein Zeitvertreib gewesen,
Der mich vergnüget hat. Allein ich glaube auch,
Daß wohl ein Criticus nach der Gelehrten Brauch
Hier critisiren kan, er würde schon was finden,
Das Stof und Anlaß gäb. Wer weiß, ob R – – Gründen
Ein grosser Philosoph nicht widersprechen wird?
Wer weiß, ob nicht manchmahl ein weiser Seelen-Hirt
Etwas darwider sagt? und diese Meinung heget:
Er habe dieß und das nicht gründlich ausgeleget,
Noch weislich angebracht. Durchlauchtster Herr und Held,
Mein Kiel dir Erfurchts-voll jetzt vor die Füsse fällt,
Und sucht so, wie mein Herz, dir davon Dank zu sagen,
Man wird Dirs unversehrt vor deine Hände tragen.
Ich aber wünsche dir, Durchlauchter Ernst August!
Ein stetig Fürsten-Glück und tausend süsse Lust.
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Doch will ich diesen Wunsch zugleich in Demuth setzen;
Du wollst mich deiner Gnad noch ferner würdig schätzen.

Den 14. Hornung 1737.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Vermischte Gedichte. Sendschreiben an Ihro Hochfürstl. Durchl.. Sendschreiben an Ihro Hochfürstl. Durchl.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-ACDD-4