Satyrische Gedanken

Ihr Helden zürnet nicht! der güldne Friede blüht!
Steckt Schwerd und Degen ein, und seyd vielmehr bemüht
Nach Mavors kluger Art, die Venus zu bedienen!
Geht! opfert höchtsvergnügt den reitzungsvollen Mienen!
Bellona hat bereits die Trummel abgelegt;
Seht! wie sich Cypripor in zarten Windeln regt;
Hier könnt ihr ohne Furcht in süsser Ruhe streiten,
Und sonder Schweiß und Blut den besten Schatz erbeuten.
Der Feind verläßt das Feld und hat sich bey der Nacht
Aus seinem festen Platz geschwinde fort gemacht;
Das Nest ist ausgeleert; die Bienen sind verflogen,
Und haben bey der Flucht ihr Honig eingesogen.
Zelt, Wagen und Geschütz, und was der Kriegsmann führt,
Ist alles fortgeschaft, so, daß man kaum noch spührt
Ob je ein feindlich Heer an diesem Ort gewesen;
Ja könte man es nicht aus jener Oefnung lesen,
Die bey dem Sünder Thor der Feind, vom Fechten mat,
Mit Bomben durchgebohrt und aufgerissen hat;
So würde niemand leicht an unsern Ausen Werken,
Den oftgewagten Sturm und hitzgen Anfall merken.
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Ihr habt schon lange Zeit mit Kämpfen zugebracht,
Und seit dem Februar dem Feind zu thun gemacht;
Den ganzen Frühling durch vernam man nichts alsschiessen,
So bald sich nur von fern die Feinde blicken liessen.
Ihr haltet euch geübt; ihr giengt auf Hieb und Stoß;
Kaum ward der Hahn gerückt, so schlug die Flinte loß;
Wie manche Nachtigall verließ nicht Baum undGarten,
Und wolte weiter nicht in Busch und Hecken warten.
Begebt euch denn zur Ruh; beziehet das Quartir;
Der Winter, wie ihr seht, ist jetzo vor der Thür;
Und solte ja der Feind vor euren Thoren pochen,
So wartet wenigstens und schont euch nur sechs Wochen.
Erweget selbst bey euch: Wie manche schöne Nacht
Habt ihr in Kümmerniß und Sorgen zugebracht.
Im Anfang gieng es gut; ihr schontet da kein Stürmen,
Und dachtet kaum darauf, die Festung zu beschirmen.
Ihr meintet ganz gewiß, der Ort sey allzu fest
Und vortheilhaft verwahrt; doch wer sich drauf verläßt,
Dem geht es oft sehr schlecht. Dieß habt ihr auch erfahren;
Die Feinde liessen nicht an Bley und Pulver spahren;
Die Festung wurde bald mit Feuer angefüllt;
Da nahm die Furcht erst zu, die aus dem Kummer quillt.
Ihr woltet zwar den Feind durch einen Ausfall zwingen,
Allein ihr kuntet nicht durch die Moräste dringen.
Ihr fielt bis an den Leib in solchen Schlamm hinein,
Und würdet in der That bald gar versunken seyn;
Die Noth war schrecklich groß; ihr ließt die Schuhe stecken,
Und eiltet nur geschwind, die Füsse zu bedecken.
So gieng es damahls her; drum schont euch, da der Feind
Den Platz verlassen hat; ihr seyd ja, wie es scheint,
Nicht wenig augezehrt; verlaßt das Krieges-Leben!
Ihr dürft euch eben nicht zum Closter-Stand begeben,
Nein, dieses wär zu viel; gebrauchet nur der Ruh,
Und bringet eure Zeit in stillen Frieden zu;
Der Feind wird zweifels-frey, sich nicht so leichte wagen,
Und euch den Winter durch mit keinem Anfall plagen,
Damit nun auch die Welt den Sieg erfahren kan,
So jauchzt, und zieht zugleich die Freuden-Glocke an!
Triumph! der Feind ist fort! und glücklich abgetrieben,
Und kan nun seinen Zorn nicht mehr an uns verüben!
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Vermischte Gedichte. Satyrische Gedanken. Satyrische Gedanken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AD1F-8