Auf die G. und F. Hochzeit

Den 15. des Wint. 1733.


Ode.


Die Witwer kamen insgesamt
Von alt- und jung- und Mittel-Jahren,
Von Glut und Liebe angeflammt,
Um sich zum andernmahl zu paaren.
Sie brachten viele Fragen für:
Wie doch die herzliche Begier,
Zu ihrem innersten Vergnügen,
Bald in Erfüllung möchte gehn?
Auf was vor Art es könt geschehn?
Wie sie am leichtsten möchten siegen?
[230]
Der eine sprach: Mein Wittwer-Rock
Ist mir fast Centner-schwer zu tragen:
Ich wolt mir lieber mit dem Stock
Vor euren Augen Beulen schlagen.
Der andre kam, und rufte laut;
Ach Schmerz! ich muß mein Sauer-Kraut
Und Mittags-Kost allein verzehren.
Wer schenkt mir ein? Wer trinkt mirs zu?
Und wer vergnügt mich bey der Ruh?
Wer suchet mich als Mann zu ehren?
Der dritte seufzte tief, und sprach:
Wer pfleget meiner armen Kinder?
Wer geht mit Fleiß der Wirthschaft nach?
Wer sorgt vors Feld, vor Schaf und Rinder?
Ich armer Mann kan warlich nicht
Den Schöppen-Stuhl und das Gericht,
Und auch zugleich das Haus besorgen.
Wie listig handelt das Gesind,
Dieweils die Untreu liebgewinnt.
Hilf Gott! ich muß zuletzt noch borgen.
Ein andrer brachte kläglich für:
Die groben Manichäer treten
Mir alle Tage vor die Thür,
Und suchen mir was vorzubeten.
Mein Beutel ist sehr schlecht bestellt.
O hätt ich doch ein Weib mit Geld!
Nur diß zerbricht die harten Bande.
Dieß macht den Witwer recht vergnügt.
Ach! wer ein reiches Weibchen kriegt,
Der fürchtet warlich keine Schande.
[231]
Drauf sprach das ganze Witwer-Chor:
Es blickt in unserm Witwer-Leben,
So vieles Ungemach hervor,
Nichts kan uns fest Vergnügen geben.
Soll nun die Quaal das Ende sehn,
So müssen wir zum Jungfern gehn,
Und ihnen unser Elend klagen:
Und bitten, daß man uns erlöst;
Vielleicht wird unser Geist getröst,
Und unser Kummer-Band zerschlagen.
Ey ja! sprach einer alsobald:
Die Jungfern sind mir gar die rechten,
Wenn man bey sie vom Freyen lallt,
Und schreibet sich zu ihren Knechten;
So lachen sie uns höhnisch an,
Und sagen, was will der Galan?
Die Frau ist kaum vor wenig Wochen,
Dem Sand der Erden anvertraut.
Er scheint mir wohl die rechte Haut!
Das Nein wird hurtig ausgesprochen.
Ein andrer sagte: Freylich sind
Die Jungfern aus der Art geschlagen:
Wie manche ist vom Hochmuth blind,
Und schämt sich warlich nicht zu sagen:
Ich wehle einen Cavalier,
Und einen tapfern Officir,
Und zwar nicht von geringen Range.
Die andre spricht, der mich will freyn,
Muß ein galanter Hofrath/ Doctor seyn,
Dieweil ich keinen sonst verlange.
[232]
Die ist mit einem M vergnügt;
Die will sich einen Priester wehlen;
Die, ob sie sich gleich oft betrügt,
Will in der Handlung Thaler zehlen;
Die sieht auf Schönheit und Gestalt;
Die blickt auf Herrschaft und Gewalt,
Damit sie kan das Scepter tragen;
Die spricht mein Herz wird dem verpfändt,
Der mir ein schönes Compliment,
Voll Zärtlichkeit weiß vorzusagen.
Ein andrer hub mit Seufzen an:
Das Geld hat vieler Herz bethöret,
Wie manche blendet dieser Wahn,
Sie spricht, wenn sie von Reichthum höret:
O! ist ein Mann schon schlimm und dum,
Und geht von hohen Alter krum;
Hat er nur Geld und keine Erben;
So darf er nur getrost und kühn,
Um meine Liebe sich bemühn,
Und bey den Eltern um mich werben.
Drauf fiel ihm einer in das Wort,
Und sprach mit ängstlichen Geberden:
Die Witwer gehn mit Thränen fort,
Weil sie mit nein begrüsset werden.
Die Jungfer sagt: Ein Jüngling ist,
Der mich vor einen Witwer küßt.
Man stöset sich an meinen Seegen,
Mit dem mein Ehstands-Garten prangt:
Den ich in keuscher Lieb erlangt.
Heist das nicht sündlich und verwegen?
[233]
Worauf ein junger Wittwer sprach:
Ja wohl, ist dieß der Jungfern Mode!
Jedoch ich geh der Hofnung nach,
Drum sing ich keine Trauer-Ode.
Ich will doch meiner Witwers Pein
In kurzer Zeit erledigt seyn:
Ich will zur Jungfer Frommern eilen.
Dieß fromme Kind ist mir geneigt,
Und thut, was selbst der Name zeigt,
Sie wird mir meine Wunden heilen.
Ich weis fürwahr nicht, wies geschah,
Daß ihn dieß Jungferbild belauschet.
Sie trat hervor, und sagte: Ja
Mein Herze mit dir vertauschet.
Geliebter Witwer, nimm es hin.
Ich will mit höchst vergnügtem Sinn,
Dir deinen Witwer-Stock zerschmeisen;
Du aber wirst mir auch dafür,
Nach Oefnung unsrer Kammer-Thür,
Den Jungfer-Kranz in Stücken reisen.
Ich such mir einen Witwer aus:
Denn Witwer haben viel erfahren.
Sie haben schon ihr eigen Haus,
Und die darzu gehörge Waaren.
Topf, Schüssel, Wiege, Fleisch und Brod
Erwarten schon der Braut Gebot:
Man darf auch nicht vor Wäsche sorgen.
Die lieben Kinder freuen sich,
Und lieben uns ganz inniglich,
Und sagen Mutter guten Morgen;
[234]
Hingegen wenn ein Jungferbild
Sich einen Jüngling auserwehlet,
Die wird mit mancher Noth erfüllt,
Dieweils an allen Orten fehlet.
Ein Dutzend Bücher und ein Rock,
Ein Schreub-Zeug und Peruquen-Stock,
Und eine ausgerauchte Pfeife
Trift man in ihrer Wohnung an.
Drum hab ich recht und wohl gethan,
Daß ich nach einen Witwer greife.
Drauf sprach die ganze Witwer-Schaar:
Dein Witwer-Leid ist nun verschwunden;
Jetzt zeigen sich dir offenbar,
Die mit dem Glück verknüpfte Stunden.
Wir sind betrübt; Du bist vergnügt,
Und hast zu deinem Wohl gesiegt.
Wir aber freuen uns darüber:
Und wünschen dir zur neuen Eh,
Den Seegen von der Himmels-Höh.
Dich hat das Glück vor andern lieber.
Erfreuter Witwer! da du mir
Dein Glück und neuerkohrnes Lieben
Durch Feder, Dinte und Papir
Bekant gemacht und zugeschrieben;
So schreib ich dir vergnügt zurück:
Ich wünsche dir viel tausend Glück
Zu deinen zweyten Hochzeit-Fest!
Das Glück geh bey dir ein und aus,
Dein Haus sey Obed-Edoms Haus.
Gott segne dich aufs allerbeste.
[235]

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TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Gedichte. Poetische Rosen in Knospen. Hochzeit-Gedichte. Auf die G. und F. Hochzeit. Auf die G. und F. Hochzeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-ADF0-E