[302] An die schöne/ doch harte Roselinde
1.
Ihr meiner seufzer schahle winde/
die durch den truknen gaumen gehn/
sagt meiner lieben Roselinde/
wie ich ohn allen trost mus stehn:
wie ich aus träuer liebe sterb'
und dännoch keine gunst erwerb.
2.
Ach Roselinde/ hartes hertze/
die Du mier hast das mein' entwant/
ach! schaue doch/ was ich verschmertze/
in was für einen harten stand
mich deine härtigkeit versetzt/
und bis zum tode selbst verletzt.
3.
Ein demant wird mit bluht' erweichet/
gold/ stahl und eisen durch die gluht:
wan sich dein hertz mit jenem gleichet/
so wil ich auch mein eignes bluht
auf dein begähren wagen hin/
weil ich doch einmahl sterblich bin.
[303] 4.
Dan sol man auf mein grabmahl schreiben:
Hier lieget Roselieb versenkt:
den Roselinde hies entleiben/
ja den sie tödlich hat gekränkt;
der nuhr üm Roselinden starb
und für die gunst das grab erwarb.