2. Schreiben

Antwort der Königin an den Großfürsten.


Wie ist mir? reicht man mir im Schlafe was zu lesen?
Bethört die Phantasie mich durch ein Schattenspiel?
Ja, ja, es ist ein Traum und falscher Schein gewesen,
Der mir im Schlummer nur die Sinnen blenden will.
Doch nein; ich wache ja, hier ist doch Brief und Siegel
Das meine Hand erbricht, und das mein Auge liest.
Der blaue Dunst vergeht, nun springt der Augen Riegel
Ich seh, woher er kommt, und wer der Schreiber ist.
Ists möglich, daß ein Fürst nach mir sein Auge lenket,
Den doch das weite Meer von mir entfernet hält,
Und mir der Russen Haupt, so gar sein Herze schenket,
Das mir ein Blat voll Glut und Flammen zugestellt?
[182]
Viel eher hätt ich mir des Himmels Bruch versehen,
Ob gleich der starke Bau auf festem Grunde steht;
Als daß Basilowitz, wie allbereit geschehen,
Auf mich im Wehlen fällt, und mir entgegen geht.
O! wunderliche Wahl! was soll ich ihm wohl schreiben?
Wer führet mir die Hand, wer giebt mir Unterricht?
Wie! soll ich denn nur Scherz mit seiner Liebe treiben?
Nein! eine Königinn liebt solches Scherzen nicht.
Verzeihe, Großfürst, mir, wenn ich nicht deine Flammen
Und Sehnsucht löschen kann; laß mich in meiner Ruh,
Elisabeth packt hier so Herz als Brief zusammen,
Und schickt mit schönstem Dank dir beydes wieder zu.
Wie? sollt ich, Ivan, mir vor Julep Myrrhen wehlen?
Verwegner, glaube nicht, daß mich dein Schmeicheln fängt.
Suchst du gleich deine Wuth von aussen zu verhelen,
So weis man doch was dir an deiner Seite hengt.
Dein Mordschwerdt blitzet ja der Welt längst in die Augen;
Sie kennt, Tyranne, dich an deinem Würgen schon,
Du suchst, den Henkern gleich, nur Menschenblut zu saugen,
Wie häufig klebt es nicht an deinem Fürstenthron?
Was fänd ich, ließ ich mich dergleichen Irrlicht blenden,
Für süssen Zeitvertreib, bey dir, Basilowitz?
Wie sicher ruht man wohl in der Barbaren Händen?
Wer sich dem Jupiter entzieht, den rührt kein Blitz.
Ich wehlte, hielt ich nicht der Freyheit Gold so theuer,
Mir was, das Geist, Verstand, und wahre Großmuth wies;
Weh mir! wofern ich nun ein solches Ungeheuer
Das halben Menschen gleicht, an meine Seite ließ!
[183]
Wie? sollt ich einen Wolf zu meinen Schafen stellen?
Nein, Ivan, schmeichle dir mit meiner Liebe nicht.
Woher entspräng sie wohl? Ich finde keine Quellen,
Was man dir vorgeschwatzt, ist alles nur erdicht.
Du brauchst nicht deinem Thron den Rücken zu zu kehren;
Behalte was du hast, sonst schnappst du nur nach Wind.
Laß dich nicht Scherz und Spott, verwegner Prinz, bethören.
Du bist, wie man wohl merkt, vor Liebe taub und blind.
O! wage dich ja nicht auf Amphitritens Rücken.
Schau, wie besorgt vor dich Elisabeth noch ist.
Das ist ein falsches Weib, sie läßt den Zorn nicht blicken,
Du merkst es allererst, wenn sie dich hat geküßt.
Die Fluthen möchten dich bey deiner Farth verschlingen,
Und also löschten sie durch Wetter Sturm und Graus
Die Flammen die du wolltst nach Engelland mit bringen,
Und deine Liebes Gluth, gewiß auf einmal aus.
Laß dir die Liebe nur, bethörter Fürst, vergehen,
Auf Englands Boden wächst, das siehst du ihm nicht an,
Kein Kraut, das deiner Pein vermag zu widerstehen,
Und den entstandnen Schmerz der Sehnsucht heilen kann.
Du kannst, ich rath es dir, nur alle Mühe sparen,
Wer ist im Wehlen wohl so toll und frech als du?
Denn vor so schändlichen und grausamen Barbaren
Schließt man so wohl das Herz als auch die Kammer zu.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Ziegler, Christiana Mariana von. Gedichte. Gedichte. Briefe. 2. Schreiben. 2. Schreiben. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B18D-6