[317] Schertz-Gedichte an einen guten Freund
Ich wünsch euch einen guten Morgen!
Habt ihr geschlaffen ohne Sorgen
Und seyd von allen Kummer quitt?
Was macht der Arm? will er noch lermen?
Will noch der Schmertz darinnen schwärmen?
Diß wär, ich schwör es auf mein Blut,
Vor euch und mich zugleich nicht gut.
Müßt ihr ihn in der Binde führen?
Kan unser Ließgen nicht curiren?
Ist denn kein Mittel, das man find?
Ihr daurt mich, wie mein leiblich Kind.
Mein Mitleid könt ihr sicher glauben,
Ich such euch warlich nicht zu schrauben,
Der Wohlstand litte solches nicht,
Weil man mit Freunden redlich spricht;
Und würd ich anders mich gebehrden,
So dürffte Ließgen böse werden,
Die Gunst von ihr ist mir zu lieb,
O wär ich nur ein Hertzens-Dieb.
[318]Es solte mir so dann nicht fehlen,
Das gantze Hertz ihr abzustehlen,
Warum so viele sich bemühn,
Die mich gedencken abzuziehn.
Da wolt ich mich hinein vergraben,
Und kein vergnügter Sitzgen haben;
Jedoch verirrter Kiel halt ein,
Versprochen muß gehalten seyn.
Wie hält es um das Componiren?
Was soll ich vor ein Thema führen?
Die Muse, die bereits erhitzt,
Hat meine Feder längst gespitzt.
Und also dürfft ihr nur befehlen,
Ich will den Phöbum brav bestehlen,
In seinen Hayn und Blumen-Thal,
Es ist ja nicht das erstemahl.
So dann will ich ein Versgen machen,
Und diß zum schönsten Zeitvertreib;
Ich seh euch beyde schon den Leib,
Mit beyden Händen, die sich falten,
Voraus im Geist vor Lachen halten,
Damit er bey dem Lobesan
Und Schertze nicht zerspringen kan.
Wie wird euch nicht mein Meister-Singen
Vortrefflich in den Ohren klingen.
[319]Indessen lebt gesund und fein,
Und diß zugleich an Arm und Bein.
Ich kan vor Freuden kaum erwarten,
Biß es wird Zeit und Glücke karten,
Daß das bewußte Fest erscheint,
Wornach wir alle lüstern seynd,
Da soll der feste Schluß verbleiben,
Das Kälbgen schwermend auszutreiben.