5. Ode

Auf die hohe Vermählung beyder Sicilien Majest. Majest.


1738.


Wohin o Clio! führst du mich?
Was zeigst du dem entzückten Sinne?
Was wird mein Auge, welches sich
Durch deinen Strahl geschärfet, inne?
Der rege Blick sieht sich nicht satt:
Dort liegt die Königliche Stadt,
Der Tempel, dessen güldne Stuffen
Sich Hymen wehlt, wenn er ein Paar
Will zu der Liebe Brandaltar,
Um solches zu vermählen, rufen.
[17]
Schau, Muse, welch ein himmlisch Licht
Bricht durch die weit gestreckten Zimmer!
Bewundre, sprichst du, doch nur nicht
Dergleichen ungewohnten Schimmer.
Wenn Hymen voller Herrlichkeit
Die Myrthen hohen Seelen weyht,
So pflegt er nicht bey dem Verbinden
Die Fackeln bey des Amors Gluth,
Wie man bey schlechten Seelen thut,
Nein, bey den Sternen anzuzünden.
Was werd ich abermals gewahr?
Nun seh ich, wen der Brautgott führet.
Es folgt der Amuretten Schaar,
Ich merke woher dieses rühret.
Der Glanz, die Pracht, ist ungemein;
Es muß Neapels König seyn.
Wer ist dem jungen Held zur Seiten?
Amalia, Augustens Kind,
Das Ihm die zarte Brust entzündt;
Das Wunderbild von unsern Zeiten.
Gekröntes Paar, sieh wie nunmehr,
Da Dich der Myrrthenkranz umgeben,
Der Liebesgötter ganzes Heer
Sich will um deinen Dienst bestreben.
Sie singen Dir das Hochzeitlied,
Und sind zu Deiner Lust bemüht,
Dein Fest aufs herrlichste zu schmücken.
Die Freude regt den frohen Mund,
Und macht sie allen Staaten kund:
Der Unterthan hörts mit Entzücken.
[18]
War denn, entflammter Carl, kein Land,
Kein Reich in beyden Hemisphären,
Das Deinen starken Liebesbrand
Konnt stillen und zugleich auch nehren?
Nein, sprach Europa, holder Fürst,
Wenn Du nach Sachsen kommen wirst,
Da kanst Du deine Sehnsucht stillen,
Da, da gelinget Dir die Wahl
Da wirst Du nach der bangen Quaal
Gewiß den heissen Wunsch erfüllen.
Gehört, besiegt, und auch vollbracht.
Kaum war Dein Feuer angeglommen,
Kaum fühltest Du der Liebe Macht,
So muß Dein Fuenclara kommen,
Der Apfel, den bey jenem Zwist
Des Zwietrachts Göttin sich erkiest,
Ward hier der Schönsten dargereichet.
Die Liebe wies hier selbst die Spur,
Amalia erhielt ihn nur,
Den Preis der Ihrer Würde gleichet.
Der Ruf, der längst den Ruhm von Ihr
In Ost, West, Süd und Norden brachte,
War es, der, grosser Prinz, auch Dir
Von Selbiger den Abriß machte;
Der hat auch, eh man es geglaubt,
Auf einmal Dir das Herz geraubt.
Wie könntest Du wohl mehr gewinnen?
So Glück, als Himmel der Dich liebt,
Schenkt Dir, indem Sie sich ergiebt,
Die drey vereinten Huldgöttinnen.
[19]
Sie ists, in welcher die Natur
Ein Meisterstück hat ausgedrücket;
Das nicht der blosse Purpur nur,
Nein, Geist und Trefflichkeit auch schmücket;
Und wo bey fest verknüpftem Band
Man Schönheit, Tugend, und Verstand
Sieht wirklich um die Wette streiten:
Die sitzt, da Ihr des Schicksals Rath
Den Scepter längst bestimmet hat,
Nun auf dem Throne Dir zur Seiten.
Itzt scheint der güldnen Zeiten Lauf
Erfreutes Sachsen, anzugehen;
Komm her, und schau mit Wunder drauf,
Wie schön der Myrrthen Blüten stehen;
Schau wie man sie frolockend bricht,
Und um der Heldin Schläfe flicht;
Erwege dies besondre Glücke;
Und wirf Dein Augenpaar zugleich
Auf das verschwundne Schattenreich
Der längst verflognen Zeit zurücke.
Wenn ist es, frag ich, denn geschehn,
Daß man von Sachsens Prinzessinnen
Hat eine in dem Schmuck gesehn?
Ein Greis weis sichs kaum zu besinnen.
Bewunderst Du die lange Zeit,
In der Du solche Herrlichkeit
Nicht hast, wie wir gehofft, erfahren?
Ein Band, dergleichen dieses ist,
Erfordert eine lange Frist,
Heischt eine Zeit von vielen Jahren.
[20]
Ihr Völker! die ihr Schutz und Ruh
In eures Carols Ländern findet,
Froloket, ihr habt Recht dazu,
Da eur Monarche sich verbindet.
Seht wie den unbesiegten Held
Die Liebe so gefesselt hält,
Nachdem sie ihn beglückt bestritten.
Drum nimmt das Adlerpaar von Euch
Durch dieses Eheband zugleich
Den weissen Adler in die Mitten.
Erstaunt bey Ihrem Pracht nur nicht,
Wenn gleich der Glanz so heller Stralen
Den regen Blick itzt unterbricht,
Ja noch vielleicht zu vielen malen.
Erschreckt nicht vor der Majestät,
Die in erhöhtem Schmucke geht,
Bewundert nur Ihr englisch Wesen,
Und fragt verehrend und erfreut:
Warum hat so viel Trefflichkeit
Sich hier den Wohnplatz auserlesen?
Wie wollt ihr doch den Blick zu Ihr
Verwirrt und halb erstarrt hinwenden?
Zwar kann euch Ihrer Schönheit Zier,
Und deren Seltenheit verblenden:
Doch schwer ich drauf, so hoch man kann,
Ihr seht Sie bald gelassen an;
Furcht und Erstaunen wird verschwinden,
Wenn ihr bey dem was euch entzückt
Auf Ihr berühmtes Stammhaus blickt;
Sie ist ein Zweig von Wittekinden.
[21]
Erwegt wer dieses theure Pfand
Hat unter seiner Brust getragen,
Das euch des holden Himmels Hand
Durch Glück und Wahl hat zugeschlagen,
Wer schenkt es euch und unsrer Welt?
Josepha hat es dargestellt,
Das Wunderbild gesalbter Frauen;
An welcher wir, da Sinn und Geist
Was Göttliches, was Grosses weist,
Mehr Tugenden, als Jahre schauen.
Sarmatiens gesammtes Reich
Weis Sie nicht sattsam zu verehren:
Und unser Sachsen muß zugleich
Josephens hohen Ruhm vermehren.
Drum wird auch itzt vor Freud und Lust
In euer aller Herz und Brust
Das Blut bey diesem Bündniß wallen.
Seht nun, mit wem sich Carl gepaart;
Denn nach der Perlenmutter Art
Muß ganz gewiß die Perl auch fallen.
Sag Clio! was erhebet sich
Für ein Geschrey, für ein Getümmel?
Was läuft das Volk so ängstiglich?
Man sieht ja kaum vor Staub den Himmel.
O weh! man drängt sich zum Pallast;
Amalia macht sich gefaßt
Die Hand zum letzten Kuß zu reichen:
Ihr holdes Auge, Herz und Sinn
Lenkt nach Sicilien sich hin,
Die Liebe winkt, wir müssen weichen.
[22]
Verlust, der an die Seele geht!
Nun fliehet unsrer Augen Weyde,
Schau, wie bestürzt itzt jeder steht
Das Reisen stört die ganze Freude.
Es muß nunmehr geschieden seyn.
Prinzessin, bilde Dir nur ein,
Daß so viel Seufzer aufwerts steigen
Als nach vertriebner Wolken Heer
Sich Sterne, wenn es zählbar wär,
An unserm Horizonte zeigen.
Laß Dich das weit entfernte Land,
Gekrönte Schöne, nicht erschrecken;
Die Vorsicht nimmt Dich bey der Hand
Die die Gesalbten weis zu decken;
Und was? Du hast mit Stein und Klos
Mit Berg, und Klippen, Fall, und Stoß,
Mit Weg und Felsen nicht zu streiten;
Da holde Königin, allhier,
Mit Lust viel hundert Menschen Dir
Die Bahn zur sanften Farth bereiten.
Wohlan! besteige dann beglückt,
Nun den Triumphs und Siegeswagen,
Den Cyprie Dir überschickt,
Sie läßt dich ihre Schwäne tragen.
Den Gratien fällt auch mit ein,
Sie wollen bey dem Abzug seyn
Dich auf der Reise zu bedienen;
Sie tanzen um das schnelle Rad
Verkürzen Dir so Weg als Pfad
Durch Scherzen, Lust, und holde Minen.
[23]
Beflügle deinen Lauf hierbey,
Auf! Fürstin, eile nach den Grenzen,
Wo Du gewiß Dein Conterfey
Wirst sehn an Sonnenpfeilern glänzen.
Dein Carl der Dich von fern erblickt
Und den Dein schöner Blick entzückt,
Hofft, seufzt, und zehlet Stund und Meilen
Ach! ruft er, daß man nicht den Tag
Zu meinem Trost verkürzen mag!
Wie wolt ich Ihr entgegen eilen!
Der junge Held, der Göttersohn
Entbrennt von sehnlichem Verlangen.
Wie oftmals ist er Dir nicht schon
Mit Ungeduld entgegen gangen?
Er glaubt, als hätt Er Dich geküßt,
So weit Du noch entfernet bist.
Weil Ihn der Schatten täuscht und blendet.
O säumet nicht ihr Schwane, fliegt!
Damit sich Carl an der vergnügt
Der Er vor längst sein Herz verpfändet.
Der Wagen hebt sich von dem Plan;
Der Flug geht schnell und wohl von statten.
Denn Juno ruft: Eilt! daß sich kann
Der Prinz mit seiner Schönen gatten.
Wir sehn Sie bey dem Flug nicht mehr:
O Zeus! laß doch der Wolken Heer
Das blaue Firmament nicht schwärzen.
Ihr Horen macht die Tage klar
Und stellt die Nächte funkelnd dar,
So heiter als des Hymens Kerzen.
[24]
Saturn, der doch sonst stürmisch ist,
Erzeigt sich itzo weit gelinder,
Weil Du auf Deiner Reise bist:
Die Götter lieben Götterkinder.
Hier herrscht kein wilder Boreas;
Kein Sturm macht Schwan und Wagen naß;
Der kühle Zephyr selbst muß schweren,
Daß er die Heldin sanft und still,
Und sicher überbringen will,
Der Sachsen Freude zu vermehren.
Itzt kommt sie an; nun reget sich
Gleich alles was vermag zu gehen.
Entflammter Carl, erhebe Dich;
Laß Thron und Burg itzt ledig stehen.
Frolocke; denn Amalia
Die Fürstin ist persönlich da:
Die Schöne sollst Du nun erblicken.
Schau, wie Sie Dich verehrend grüßt.
Und zärtlich in die Arme schließt
Und Dich weis innig zu erquicken.
Die Sehnsucht flieht, die Liebe siegt,
Ihr festes Band verknüpft Euch beyde
Dies macht die halbe Welt vergnügt;
Und nährt die Hoffnungsvolle Freude?
Wer Odem holt, stößt Seufzer aus;
Ja was? das Hocherlauchte Haus
Der grossen Oesterreichschen Götter
Nimmt selbst an Eurem Flor und Heil
Bey diesem Fest den grösten Theil,
Und segnet Sachsens Rautenblätter.
[25]
Da nun der hohen Götter Hand
Die Deine Flammen selbst geweyhet,
Bey Deiner keuschen Liebe Brand
Den Weyrauch reiner Wünsche streuet;
So schweiget meine Muse hier.
Was kann sie wohl, was soll sie Dir
Aus Ehrfurcht wünschen, da nichts fehlet?
Weil Glück und alles was die Welt
Für schön und wünschenswürdig hält,
Sich allbereit mit Dir vermählet.
Doch ja; Du hast den Ruhm und Preis
Prinzessin, durch das Blut erlanget,
Mit welchem auf der Erden Kreis
Josephens Geist und Anmuth pranget.
Und ob du gleich der Abdruck bist,
Und Carl in Dir die Mutter küßt,
So mangelt doch bey solchem Glücke
Nur dieses noch, das uns alsdann
Den wahren Abriß liefern kann
Die Fruchtbarkeit, das schönste Stücke.
Für diese sorgt der Himmel schon,
Der Dich, und Deinen Held beschützet,
Und Eurer beyder Königsthron
Mit Seegenspfeilern unterstützet.
Die Liebe bleibet stets bereit,
Euch bey der angenehmen Zeit
Auf sanften Lilien zu betten.
Wie jauchzt nicht Carols grosses Haus!
Und Spanien wünscht schon voraus,
Daß Sie von Euch auch Enkel hätten.
[26]
Josepha hofft, die Andacht siegt;
Sarmatien und Sachsen flehen;
Die Vorsicht winkt; ach wie vergnügt
Sieht man Sie aus dem Tempel gehen.
Wie wird Augustus, dessen Fest
Die höchste Macht heut feyren läßt,
Gekrönte Tochter, sich ergetzen
Wenn Er, wenn einst Dein Stammhaus blüht,
Dein Reich mit jungen Helden sieht,
Den Staat mit Gratien besetzen.
Sieh Herr, wie Glück und Himmel lacht?
So kann zum Heil der halben Erden
Forthin durch Deiner Zweige Macht
Noch mancher Thron geschmücket werden.
Du siehst, Monarche, was geschehn;
Was wirst Du nicht in Zukunft sehn,
Soll Deine Heldin ferner siegen?
O! facht die hohen Flammen an!
An solchen Königskindern kann
Der Erdkreis sich gar nicht begnügen.

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TextGrid Repository (2012). Ziegler, Christiana Mariana von. Gedichte. Gedichte. Oden. 5. Ode. 5. Ode. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B295-A