1827.

Mel. Danket dem Herren etc.


1. Lamm! unser augenmerk bleibst du doch, wahrlich, nicht nur auf eine weile, nein, beharrlich.
2. Wir sind nun einmal so an dich gewöhnet, daß, wenn du fehlest, man sich ängstlich sehnet:

3. Und du bist voller einfalt und so herzlich, daß, wenn man schüchtern wär, so thät dirs schmerzlich.

4. Drum werden wir zu dir auch täglich dreister; du[1736] bist wol Meister, aber lieber Meister.
5. Es ist nicht möglich, wenn wir was beginnen, daß wir uns nebens Lamm herum besinnen.
6. Wir müssen eh das allerliebste lassen, wenn wirs nicht können mit dem Lamme passen.
7. Es macht uns nichts ein bleibendes vergnügen, als wo das Lamm kan freud und ehre krigen.
8. Das Lamm ists, das man stets im munde führet, wenn sich die zunge nur zum zeugen rühret.
9. Warum? das darf von uns wol keines fragen, das innere gefühl wirds iedem sagen.
10. Wir sehn dich als geschlachtet vor uns stehen, das pflegt uns mark und adern durchzugehen.
11. Es ist nun so; nichts kan uns unterdrükken, nichts kan dasselbe flämmelein erstikken.
12. Ja herz und mund laufft bey dem denken über; mir geht es so, und ich versinke drüber.
13. Du bist auch, wenn wir etwas nöthig haben, das will'ge Lämmelein, uns zu begaben.
14. Du herz! wie macht das einen doch so kindlich: man spricht mit dir als redete man mündlich,
15. Denn schüttest du auf deine dürft'ge maden auch allen reichthum deiner Gottes-gnaden.
16. Man hat nochs wort im munde, sieh, so regen sich schon die kindisch ausgebet'ne segen.
17. Die heutige erbarmung, gnad und treue die ist den morgen wieder da aufs neue:
18. Allein das auge sah dich als geschlachtet; drum wird kein ander bild mehr recht betrachtet.
19. Dein Blut, das über unsrer erde schwebet, das ist das element, darinn man lebet.
20. Man merket die gesunde luft der seele auf eine art auch an der leibes-höle.
21. Und ihr genuß im streiter-mahl der boten beschleunigt das erwachen von den todten.
22. O mahl! ich lasse dich an seinem orte, denn, mahl! du bist doch über alle worte.
23. Möcht ich nur als ein solcher zeuge handeln, in dem man Jesum sieht glaubhaftig wandeln.
[1737] 24. Säh man an mir die unläugbare zeichen, Lamm! der theilhaftigkeit mit deiner leichen,
25. Der tödtung alles dessen, was unbeugsam, durch den für meine noth erblaßten leichnam.
26. So sähe man denn eins von deinen kindern, so kindern, wie sie werden aus den sündern.
27. Ja, sünder-recht! wie könt ich dich verschweigen! du bist, Gott lob! ein gut, das unser eigen.
28. Erhalts uns, Lamm! als unsern eignen segen, um deiner heiligen fünf wunden wegen.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Erdmuthe Dorothea von. Gedichte. Geistliche Lieder. 1827. Lamm! unser augenmerk bleibst du doch, wahrlich. 1827. Lamm! unser augenmerk bleibst du doch, wahrlich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B424-7