Cap. 2.

1.

Das sagt man euch, ihr kindelein! um nicht in sünd zu will'gen ein: ist dennoch eins in was gekomm'n, und von der sünde übernomm'n;

2.

So ist iemand ins vaters rath bey unsrer sache advocat, er heißt mit namen JESUS Christ, welcher der ertz-gerechte ist;

3.

Der hat für unsre schuld [1948] gebüßt: sein volk sein's sühn-opfers genießt; nicht aber nur sein volk allein, sondern aller welt sünderlein.

4.

Woran begreifft denn der verstand, ob wir Ihn haben recht erkant? Das ist das zeichen, wenn wir nun von herzen seinen willen thun.

5.

Du hast ihn, heißts, zu kennen krigt, und thust doch seinen willen nicht: du bist ein lügner, glaube mir, und keine wahrheit ist in dir.

6.

Wer aber Jesu willen thut, und in dessen gehorsam ruht, da deucht mich, daß der liebes-rath sein werk an ihm vollendet hat.

7.

Daran erkennen wir geschwind, wie weit wir in Ihm blieben sind: Wers sagt, der muß die wege gehn, die man den Herrn hat wandeln sehn.

8.

Ihr brüder! daß doch niemand schätz, als wäre das ein neu gesetz: es ist die alte regel gar, wie sie im ersten anfang war.

9.

Die alte regel das ist die, die ihr gehöret habt von ie; man nennts darum ein neu gebot, weils bey euch wahr wird, wie bey Gott.

10.

Seit man die nacht vergehen sah, ist das wahrhaftige licht da:

Chor.


(So weit die liebe sonne reicht, und an aller welt ende leucht.)

11.

Wer vom wandel im lichte spricht, und liebet seinen bruder nicht, der ist den augenblik gewiß noch mitten in der finsterniß.

12.

Wers herz voll bruder-liebe krigt, derselbe ist und bleibt im licht; stößt sich an niemand, wie bekant, so stößt sich auch an ihm niemand.

13.

Wer aber seinen bruder haßt, den hat die finsterniß gefaßt, er tappt, und weiß nicht, wo er lebt; denn die augen sind ihm verklebt.

14.

Ihr wißt doch, lieben sünderlein! durch wen wir absolviret seyn?

Chor.


(Wir wissen, daß des Lammes blut die sünd verschwemmt mit seiner fluth.)

15.

Die ihr nun alt seyd in dem Christ, ihr kennt ihn, der von anfang ist;

Chor.


(Und daß man das in worte saß: Non erat, vbi non eras!)

16.

Ihr jünglinge habt macht gekrigt zu wiederstehn dem bösewicht.

Chor.


(Wenn man ihn an das Lämmlein weist, so muß er fiehn, der arge geist.)

17.

Ihr wißt, ihr gnaden-kinderlein! [1949] daß euch der vater kund wird seyn.

Chor.


(Unser lieber vater du bist, weil Christus unser bruder ist.)

18.

Ihr habt doch wol die welt nicht werth, noch was nur so zur welt gehört; denn wer die welt noch hätte lieb, in dem wär nichts vons vaters trieb.

19.

Denn alles, was in der welt ist, des fleisches und der augen lüst', das eitle leben, das bestellt der vater nicht, das thut die welt.

20.

Die welt und ihre lustbarkeit das geht auf einmal all's beyseit; wer aber Gottes willen thut, dem geht es hier und ewig gut.

21.

Ihr kindlein! nun scheints mehr und mehr, als obs die letzte stunde wär, sie wartet auf den Antichrist, der Legion itzt heissen müst'.

22.

Aus Gottes kirche kommen sie: sie waren ihre glieder nie; denn wenn sie das gewesen wärn, so wärn sies noch in allen ehr'n.

23.

Da hat sichs müssen offenbarn, daß sie nicht alle von uns warn; ihr aber habt das salb-öl krigt vom Heilgen, und seyd all's bericht.

24.

Ich schrieb euch nicht darum, als wärt ihr noch der wahrheit unbelehrt, vielmehr weil ihr sie kennt und wißt, daß kein trug aus der wahrheit ist.

25.

Wer ist der lügner überhaupt? wer anders, als wer lehrt und glaubt, daß Jesus nicht Meßias ist: Derselbe ist der Antichrist.

26.

Der leugnet Sohn und Vater frohn. Denn wer da spricht: Es ist kein Sohn, hat auch den Vater nicht; den Sohn bekant! so kömt der Vater schon.

27.

Nun ihr! In euch bleibt unversehrt, was ihr von anfang habt gehört, weil ihr im sohn und vater bleibt, wenns anfangs-wort in euch bekleibt.

28.

Die post, die er euch selbst gebracht, ists leben, das kein ende macht. Und so viel wolte ich berührn von denen, welche euch verführn.

29.

Was euch betrifft, euch bleibt das öl, das ihr von ihm habt, ohne fehl, und braucht nicht, daß euch unterricht von iemand in der welt geschicht.

30.

Was ihr bey eurem öl könnt sehn in allerley materien, das ist nicht nur für wahr bekant, es ist auch ohne mißverstand.

[1950] 31.

Und wie's euch unterricht gethan, so bleibet bey demselben plan:

Chor.


(Denn wer sich weiter hin versteigt, und sich doch unser nennt, der leugt.)

32.

Nun bleibt bey ihm, ihr kinderlein! damit wir, wenn er kömt herein, ihm gutes muths entgegen gehn, und nicht vor ihm beschamet stehn.

33.

Wenn ihr erkant habt, daß der Christ der einige gerechte ist; so wißt ihr, es thut niemand recht, er sey denn aus des Herrn geschlecht.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. 12. Anhang zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2080. Der erste Brief Johannis. Cap. 2.. Cap. 2.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B529-6