2287. Auf das 25-jährige Brüder-Jubilæum

den 17. Junii 1747.


Die Gottes-stadt, die Gott ihm selbst beruffen und gesammlet hat aus allen menschen von der erden, die der, die aus dem himmel fährt, drein sich apostoli, prophetæ finden werden, samt denen, die der inarter-kranz beehrt, so frölich entgegen geht in ihrem gnaden-schritt, und wird mit ihr zu einer Gottes-hütt. Wer bist du denn im cantico? du fährst herauf wie eine wolk, als eine composition aus allem volk, dergleichen man noch nie gesehen, so lange welt und kirche stehen: dich trieb ein starker wind zusammen, vermischt mit feuer-flammen, Er wohnt schon wirklich unter dir, nur die facultas fehlt noch dir und mir, daß man Ihn könnte sehen, sonst gläub ich, hast du deinen Herrn nicht so gar fern, du bist sein nacht-quartier, sein abstand-haus zur visitation, Er geht da ein und aus, wer weiß, wie oft Er dich unsichtbar küßt, wie oft Er ungesehen deine Chöre grüßt, wer weiß, wie oft Er mitten bey dir sitzt, wenns unter dir so strahlt und blitzt. Wie wär mirs doch, wenn ich Ihn säh, weil ich vielleicht in Thomas seine führung, (daß mir das fühlen, die berührung so lieb, so heilsam wäre,) steh. Ich bin zum wenigsten von denen die drauf warten, ob Er etwan einmal in einem garten, in einer Conferenz, bey einem Abendmahl, bey so gelegenheiten auf dem saal sich sehen läßt, und wird geschwinde durchgeküßt, und ist dann wieder weg, (ich sage, wie mirs ist,) zur zeit des Synodi, zur zeit derMissionen, und seiner boten ihrer expeditionen, zur zeit, wenn solche sachen sind auszumachen, die über aller brüder witze gehn, zur zeit, wenn revolutionen uns vorstehn, die wir mit in der welt beleben werden, und das reich [2184] Christi näher sehn auf erden, so wird Er sich zu zeiten fühlbar bey uns finden, dann eine zeitlang wiederum verschwinden, bald ists in Herrnhut, bald in Haag, und wo's ihm sonst belieben mag. Gemeine! du hast sein herz schon nah, es fehlt nicht viel, so steht Er selber da, du hast sein fleisch und blut in dir auf sacramentlich' art und weise, du hast Ihn auf besondre art zur speise, so hats noch keine kirchen-zeit verspürt. Du bist ein neues volk, desgleichen nie gewesen, man mag in alten oder neuen büchern lesen. Du hast ein göttlich Kirchen-Directorium, du hast ein blutigs Evangelium, du hast ein Pilger-haus, das zieht zu seinen diensten ein und aus, du hast den Kirchen-Geist, der auf des Schöpfers Menschlichkeit hinweist, du hast das sünder-mäßge spielen, darauf die Bibliographi so ofte zielen, du hast das Loos, die Synodos, du hast die jungfräuliche Leute, du hast die Wahl, die Ihm gegebne beute, hast einen apostolschen stuhl, dieTropos, Seminaria, die Schulen, hast aller Alten pia desideria, die stehn bey dir vor augen da, hast den extract aus allen Gotts-anstalten, denn was du gutes findst bey neuen und bey alten, das machst du dir zu nutz, wirst auch noch immer mehrers finden, und segelst so mit allen winden: du hast der Mutter schooß, des Vaters schutz, das Altsten-amt des Lamms in specie, du hast den Ehe-plan, Er ist dein Mann, hast eine alte Kirch-succession, stehst in der mitte zwischenOrient, und dem sehr alten stuhl von Occident, von beyden hast du was; und der Protestantismus komt dir auch zu paß, dein ganzer zuschnitt geht aufs allgemeine, die secten werden auch schon deine, du decimirst den nationen ihre religionen. Dein plan ist ein geheimniß, lernst noch selbst daran, kein wunder, daß die welt ihn nicht verstehen kan. Mir bist du noch ein tempel ohne namen, ich weiß nicht, wie ich dich und deinen saamen für die zeit heissen soll, der name findt sich aber wol, fährst du nur fort recht klein und sünderhaft zu seyn, und Ihm zu folgen, wo hinaus Er geht mit dir nach ehemanns-gebühr, [2185] wie du auch thust, weil du es willt, nicht weil du must, du thust es gern, und liebest deinen gnädigen Herrn, und traust in deiner Seitenhöhlgens-ruh Ihm alles gutes zu. So stehst du nun die fünf und zwanzig jahr uns und der ganzen welt zum wunder dar, repræsentirst den cœlum empyreum, und hältst (Gott lob und dank!) dein erstes Jubilæum. Nun geh und wachs' in alle zugedachte grade, in alle vorbestimmte gnade, in alle formen, die dirs Lamm hat ausersehen, die deine engel selbst noch nicht verstehen.

D. hospes in Syn.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 3. Zugabe. 2287. Auf das 25-jährige Brüder-Jubilæum. 2287. Auf das 25-jährige Brüder-Jubilæum. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B5D6-D