97. Auf die Salbung König Christian des Sechsten und Königin Sophia Magdalena
1731.
Wach auf,
1 du Helden-Geist! von dem in jenen Hügeln
Zur Zeit des Bruna Olds verschloßnen Ritter-Staub!
Ihr Feuer-Flammen leiht den überlaßnen Raub,
An diesem grossen Fest den Pallast zu verriegeln.
Die Hütten, die der Geist belebte, sind verzehrt,
Die Flammen sind zurük ins Element gekehrt.
Frey'r! wo dich jener Fels noch unverweslich hält,
Beut alle Riesen auf, die sich in Harnisch strekten;
Und ist Dan Mekilat' mit unter den Erwekten,
So leit ihn auf dem Roß in diese obre Welt.
Vielleicht verträt er gern den Platz beym Salbungs-Mahl,
Den der Geharnischte
2 hält im Westmünster-Saal.
Nein! ruht ihr Könige! der Glanz von unsren Kerzen
Gibt einer Million von Lebenden den Schein:
Des Frohde Macht beschleußt ein stolzer Bauta-Stein,
Den sanften Christian ein Wunder-Bau der Herzen;
[275]Sein Gnaden-voller Blik wird allen zum Magnet:
Er sieht so tief herab, als er erhaben sieht.
Hier unterstehet sich ein wohl bekanter Knecht
Mit Niedrigkeit der Kunst vor deinen Thron zu ziehen.
Herr! senke deinen Blik, den Strahl laß linde glühen.
Er tichtet, er bedenkt, er scheuet sich mit Recht:
Und hätt er Trieb und Kiel dem Dichter abgeborgt,
Der Carln besungen
3 hat; so blieb er noch besorgt.
Der Thron, die Herrlichkeit des Tages, und der Sache,
Die ungemeine Pracht, darinn der König sitzt,
Und was der Königin von ihrer Scheitel blitzt,
Das alles hemmet mich, sobald ich Worte mache;
Ein Finger-Zeig auf das, was aller Augen sehn,
Der solte einer Hand, wie meiner, übel stehn.
Großmächtiger Monarch! Dein Wink erlaube nur,
So will ich ungesäumt zu meinem Zwekke kommen:
Herodes Götter-Schein hat dich nicht eingenommen,
Und unsrer Königin gefällt der Esther Spur.
Ich weiß für meinen Trieb (und dächt er tausendmal)
Kein würdiger Object, als deine eigne Wahl.
Es hätte dich dein Knecht, ists möglich? fast gefraget,
Noch liebenswürdiger, als Ehren-volles Haupt!
(Allein wie wäre ihm das Fragen nicht erlaubt?
Da du die Antwort schon von Herzen weggesaget!)
Wem soll das Gegen-Bild von dieses Tages Schein:
Gott und dem Volke will dein Scepter dienstbar seyn.
Gott? das ist bald gesagt; allein wo ist Beweis?
Darüber haben noch verschiedne Fürsten Zweifel,
Sie glauben nicht einmal so vest als wie der Teufel,
Was man von jener Welt ohnfehlbar Wahres weiß.
[276]Mein König! du erkennst, daß Gott die Wahrheit ist:
Weil du in deiner Brust von Gott gerühret bist.
Dem Volke? sind das nicht die unglükselgen Haufen
Der Menschen, die man doch nicht alle kennen lernt,
Die von dem hohen Glanz des Hofes weit entfernt,
Nur, wie das zahme Wild, in ihrem Zwinger lauffen?
Fragt unsern Christian, wie der das Volk erkennt,
Die Schaar ists, die ihn Hirt, und die er Heerde nennt.
So geht dein muntrer Fuß zur heilgen Salbung hin.
Hier dekt das Sichtbare die Majestätsche Haube,
Und der verborgne Mensch liegt vor dem Herrn im Staube;
So thut der Königin mit dir gepaarter Sinn.
Was sag ich denen mehr, die voll von Wahrheit seyn?
Der Bischof leg' es aus, ich will nur Weyhrauch streun.
Der Herr, der nicht gewolt, wiewol Er alles hatte,
Daß, was erfreuen kan, Ihm selbst zu Gute käm,
Eh Er Sein armes Volk der Traurigkeit entnähm,
Und ist bis diesen Tag der Seinen treuster Gatte;
Der mache diesen Thron, um welchen Wonne lacht,
Zum steten Wiederschein von seiner Länder Pracht.
Das Auge, das sich nie den Seinigen entwandt;
Nicht, wenn sie Seinem Strahl vor Schwachheit ausgewichen,
Nicht, wenn sie hingestrekt, Verweseten geglichen,
Noch, wenn das blinde Volk Ihn selber nicht gekant;
Das sehe kräftiglich auf diß Erhabne Zwey,
Und mache, daß ihr Blik so wie der Seine sey!
Das Ohr Immanuels, das sich im Lauf der Zeiten
Auch dem geringsten Theil der Menschen offen hielt;
Wiewol er nichts geglaubt, als was das Herz gefühlt,
Das Ohr, das so geneigt zu denen Niedrigkeiten,
Das höre dein Gebet, um deiner Reiche Flor:
Du aber, Königs-Paar, hab auch ein offnes Ohr.
[277]Der Mund, der so geredt, wie sonst kein Mensch vermag,
(Ein Zeugnis, welches Ihm auch Seine Feinde gaben,)
Der aber sonderlich, was elend hieß, zu laben
So oft es nöthig war sich zu eröffnen pflag;
Der rufe, so geschichts; der wolle, so wirds wahr:
So rührt des Königs Mund die Kohle vom Altar.
Sein Herz war unverrükt voll friedlicher Gedanken,
Und Sein Vergnügen hat auf unserm Wohl beruht;
Ein Herze, das sich auch zu denen nahe thut,
Die bald zu Ihme zu, bald wieder seitwerts wanken:
Durch dieses Herzens Ritz seh König Christian
Die Freunde für beglükt, den Feind für elend an.
Der von der Stunde an des Gehns nicht müde ward,
Da Ihn des Vaters Schluß zur kleinen Schaar verbunden;
Der die Beschwerlichkeit von Erd und Meer empfunden,
Und der in dieser Pflicht biß an das Ziel verharrt;
Der lehr des Königs Fuß itzt Land und Sund durchgehen,
Itzt, wenns die Noth erheischt, zum Segen stille stehen.
Die ausgerekte Hand, die sich nie arm gegeben,
Weil Geben seliger als Nehmen bey ihr war;
Die vor dem Fall ergrif, verbannte die Gefahr,
Und zielete so gar bey Sterbenden aufs Leben;
Die segne unsere Herrn, und unsre Frau zugleich,
Und stärke ihre Hand; so fühlts das ganze Reich!
Gesalbter! der Du Dich so gern zur Menschheit büktest,
Und unterliefst des Rechts auf uns gezukten Blitz,
Als Du vor dieser Zeit den unerstiegnen Sitz
Der stolzen Ewigkeit beherrschtest und beglüktest;
Gib diesem Götter-Paar, daß ihm der Lasten Bley,
Nicht schwerer als das Gold von seiner Krone sey.