2246.

Chor.


Seele, komm, und ehre deinen könig; oder, denkst du, du bist ihm zu wenig? die arme made soll sich rühmen einer solchen gnade.


Recit.


Was seit der Reformation manch, um des Josephs schaden, betrübter kirchen-vater und eifrender sohn (seit man den faden der ersten Reformatorn und der gottseligen Confessorn unglüklich genug verlorn) weder durch desideria, noch durch pietatis collegia, noch durch erlaubte waysen-anstalten, kont erhalten, nicht zu gedenken der andern, die gar verzagten und sich zu tode klagten, dachten, das wahre [2125] Christenthum würde mit ihnen wandern in den erwünschtenchiliasmum: was bey dem allen im tiefsten grunde schon, in den geheimsten gedanken, doch ohne apperception, in eingen liebes-kranken gelegen war, ehe die herzu gedrungne meisterschaar durch den unglüklichen waffen-stillstand, durch die dem irrthum gegebne rechte hand, gestolpert wo nicht gar gefallen, so daß die grund-idee, studiosi theologiæ sich fast verdunkelte: das hat dem Schöpfer gefallen, wo wenig stamina davon zu spühren quasi ex machina vor zu führen.


Aria.


Hallelujah! nun steht es da, Phænomenon ὅ παρ᾽ ἐλπίδα, schon das Creuz-collegium, die summ undextrahirte mass, von ihm etwas: der rest bleibt tumm und caput mortuum.


Chor.


Jedoch was gehn uns die draussen an, lob sey dem, der das an uns gethan, daß wir gläuben können etc.

N. 1860, 9.


Recit.


Kaum hat die eine auf Gottes marter gegründete Gemeine ein jahr geblühet, in welcher mancher zweig von ölbaums-art sich offenbahrt, so ziehet der blut-balsamische geruch so gleich sich da und dort hin. Unser aller weisster meister, der ungläublich condescendirt, und alle arten der geister und einem ieden auf die art, die ihm beschieden, zur bekehrung eingeführt, intimirt selbst ein collegium da er wolt profitiren, und durch ein practicum ins leer gewordne Lutherthum, den reformations-spiritum wieder instilliren. Allein der musen-söhne betäubte sinnen warn noch zu stumpf, der falsch berühmten künste dumpf war noch zu stark, und die methodien der frommen professorn erhielten der rhapsodien verlegnen quark 1, so daß die Sanct Thomas Mohren noch ehe sahn das glük der zeugen-wolk, und viel studenten-volk verlohr den ersten blik.


Chor.


Ach daß ich dich so spät erkennet etc.

N. 610, 3.


Recit.


Doch unser Herr Gott, der nichts verpaßt was er einmal in sinn gefaßt, ging lieber ein gärtner werden; nahm aus der mit blute noch frisch besprützten Gemein-erden, ein vom guten feigenbaum entsproßnes zweiglein, ein damals noch zartes [2126] äugelein, und itzo gerathenes feigelein, setzts unter die wilden ranken mitten hinein. Dem kunst-griff der Mutter hat mans zu danken, daß mehr als hunderte durchs Lämmleins pein und weh nun eingepfropfet seyn.


Chor.


Itzt sind sie zarte reben, der weinstok selbst bist du, daran sie wachsen und kleben und bringen frucht dazu. Hilf daß sie an dir bleiben, und wachsen immer mehr, dein guter geist sie treibe zum werke seiner ehr.


Recit.


Ja dieses zweigelein hatt' rechte senf-korns art, es blieb nicht lang so klein und zart. Es schoßte bald, und ward ein grosser baum, wie manches vögelein fand unter seinem schatten raum, das bey dem welt-gewirre flog in der irre, und wenns da seine zeit (denn ieglichs küchelein muß doch gefüttert seyn) geätzt ist, und gedeyht, und von der wunden-fluth beschwemmt ist und begabet, mit sündermäßgen helden-muth, und durch die Gottes speise als das viaticum, zur apostolschen reise gestärket und gelabet, wirds so ein Hæmatomatum, das höher, als die Automatsche taube, sich durch die lüfte schwingt, und zu des Lammes raube mehr als ein irrend täubelein dem drachen nimmt und mit sich bringt. Das heißt nicht Proselyten machen, nein! sondern Creuz-luft-vögelein; und bey der mahlzeit, die vor uns gedekt, und uns so süsse schmekt, nicht vergessen gastfrey zu seyn.


Aria.


1.

Ach Gott! dis Seminarium gedeyhe deinem Lutherthum, dem reformirten, und dem secten-volk, als ein tropf von der ersten wolk, daß die ihm mitgetheilte kleine kraft, aus Satans-schule selber beuten schaft.

2.

Ach Leichnam segne ferner hin an ihm der heilgen Mutter mühn, und deines Vaters täglichs ziehn, bis alles völlig ist gediehn, daß, wenns zeit auszulesen ist, man nichts als faule fische mißt.

Fußnoten

1 Phil. 3, 8. σκύβαλα.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2. Zugabe. 2246. [Seele, komm, und ehre deinen könig]. 2246. [Seele, komm, und ehre deinen könig]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B6C2-2