4. Bey einer Doctor-Promotion 1
1719.
Ich haß' und meide die, so beym Studiren sich
Nicht zu dem höchsten Punct, zu Gott, dem Geber, neigen,
Und ihre Kühnheit mehr, als wahre Tugend zeigen:
Wer aber Gott verehrt, den lieb' und ehre ich.
Denn der kan, Trotz der Welt, Trotz allen die ihn hassen,
Zu seiner Förderung die schönste Hoffnung fassen.
Wer das Vergängliche nach seinem Werth verlacht,
Wer sich vom Staub erhebt, den Erden-Würmer kauen:
Der lernet Himmel an, auf solche Dinge schauen,
Die keine Zeit verzehrt; kein Alter schimmeln macht.
Wolt' ihn die arme Erd' auch noch so gerne schänden:
So steht sein Glük und Wohl allein in Gottes Händen.
Der ist der grosse Herr, der theilt die Aemter aus:
Wem der sie geben will, derselbe muß sie haben.
Den Schatz, wornach so viel oft nur vergeblich graben,
Schikt Er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Haus.
Die Diesen zum Patron und zum Befördrer wehlen,
Der über alle herrscht, vermögen nicht zu fehlen.
Hier schreib ich, wie mein Herz es in der Wahrheit hält,
Wie ich mein Lebenlang vor Gott zu wandeln suche,
Dabey das falsche Thun der Heucheley verfluche,
Den Dienst der Eitelkeit, die Liebe dieser Welt.
Mein Freund! sein Glükke blüht, er muß, bey dessen Reiffen,
Sich einzig und allein auf Gottes Güte steiffen.
Fußnoten
1 In Wittenberg.