2166.

Mel. Nun bitten wir den H. Geist.


1.

Da ist ein vöglein, das singet dir, liebliches Ehe-volk! herzlich für: Jesus und die Pleura 1 sey eure sache, erste und letzte in diesem fache; so ist euch wohl.

2.

Der blutige Tolah der segne dich, liebliche K'hille! so singe ich, dich und deine Ehe. Lamm! geuß die kanne über die scheitel von iedem manne voll seiten-öl.

3.

(Weil heute Schabbas ist, fällt mir ein, könt' das nicht auch eine ursach seyn, um die Synagoge sich zu bekümmern? da fängt das täubelein an zu wimmern, das trokken sitzt.

4.

Wünscht, daß manch Rabbi bald werden mag ein Tolah-achler 2 im Seiten-Haag. Erstlinge von Juda! ists zu erleben? Ich glaubs, ihr herzel! es wird sich geben mit euren volk.

5.

Inzwischen freuet uns unser ruff, der uns zu Creuzes-luft-vöglein schuff, das wir unser nestgen im loch durchgraben, selig und niedlich gefunden haben. Hallelujah!

6.

Blute, mein Lämmlein! auf unsern sinn. Wir lächeln schon auf dein creuze hin. Drük uns an dein herze, an deine wunden; so haben wir übersel'ge stunden, Lamm, Lamm, o Lamm!

7.

Mein Herz, mein Leben, mein' ein'ge Wonn, schmerzlich geschlachteter Gottes-Sohn! du, der über alles mein herz erfrischet, in dessen Seite mein seelgen wischet, wies gründ'l in kies.

8.

Da fand ich für mich ein plätzelein; nun rath ich fischlein und täublein nein, es wird keinem fehlen, da ist gut liegen, essen und trinken gibts

[2046] Lamm zur gnügen, bezahls ihm Gott!

9.

Sagt an, ihr thierlein wie schmekt es euch? Ach! singt ihr, Lieblich, ach! ohn vergleich: unser lebetage ist uns nichts saft'ger, und nichts gesünder und wundenhaft'ger ins herz gefahr'n.

10.

Nun, du von dornen geschund'nes Haupt! dein anblik werde uns oft erlaubt, und auf deine fürchlein so promenaden 3, um zu befühlen von Gottes gnaden die Molopas 4

11.

Hände durchgraben mit nägelein! segnet uns, salbet uns, wo wir seyn; angebohrte füsse am queer-brett hunten! laßt euch zerküssen, all ihr verwundten glieder des Lamms!

12.

Wie du gestaltet bist um und an, so figurire vor weib und mann. Fidei commissa 5 sind unsre Ehen, bis wir den Mann aller Ehen sehen. Das wissen wir.

13.

Gelt, theures Eh-volk! du liebest doch nichts übers Lammes sein Seiten-loch, denkst nichts, redst nichts, thust nichts, als wunden lieben; und dazu wirst du auch angetrieben vom Mütterlein.

14.

Was die dich heisset, das thust du gleich; wenn sie dich züchtiget, bist du weich; und wenn sie dich lobet, gilts prosterniren 6, so wie man ist, vor den gnaden-thüren, und schämst dich dein.

15.

Die Theologie, die du kenn'st und weißst, die sagstu auf Gott dem Heil'gen Geist, wenn er kömmt, und fraget: Wer ist dein Herze? wer ist dein Schöpfer, dein' Freud und Schmerze? Antwort: Das Lamm!

16.

Gott Papa, Mama, und Bruder Lamm! blas auf dreyeiniglich deine flamm'; und du Mann der seelen, du Ehe-vater! sey du so nahe beym procurator 7, als bey der braut.

17.

Und wenn du blikkest in die Gemein, so freu dich in deinem herzelein über die Leibrenten von deinen Leiden, von deinem bittern von hinnen scheiden, Lamm! Lamm! o Lamm!

Fußnoten

1 Seite.

2 Ein Säugling.

3 Spatziergänge.

4 Beulen.

5 Anvertraute güter, damit man nicht schalten und walten kan, wie man will; sondern die man seinem nachfolger überlassen muß.

6 Werfen aufs angesicht.

7 Bey dem, der im namen des bräutigams freyet.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 1. Zugabe. 2166. [Da ist ein vöglein, das singet dir]. 2166. [Da ist ein vöglein, das singet dir]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B787-F