2096.

Mel. Jesu! meine freude.


1.

Heilge sünder-heerde! ach! ihr auf der erde unsers Gottes-Lamms auserwehlte zeugen in den streiter-reigen unsers Bräutigams! denkt, ach! denkt, mit blut besprengt muß die ganze erde werden, so wie unsre heerden.

2.

Das gefühl von wunden, und das alle stunden, fehlt noch gar zu sehr: unsre leute wissen noch nicht gnug vom küssen des lochs von dem speer. Blut und blut ist wol recht gut; doch sie wollen andre gaben noch darneben haben.

3.

Denken wir so drüber, wolten wir wol lieber, daß es nicht so wär; doch es gibt sich wieder, man denkt, es sind glieder, die der creuzes-lehr Gottes-kraft hat hingerafft, sind so wol als wir erwehlet, nur noch nicht gestählet.

4.

So ist manche gegend noch zu überlegend in der sünderschaft, welt und falsche brüder sind ihr sehr zuwieder, und der kleinen kraft; doch der plan ist um und an mit dem creuz-gebälk verzäunet, wenn mans gleich nicht meinet.

5.

Helft, ach helft uns beten; den teig mit blut kneten, und mit thränelein unsre saat, die euer, und dem Lamm so theuer, wakker netzen ein. Was der Held ins feld gestellt, und die durchgebrachte Esther, denkt der kranken schwester.

6.

Sie ist Jesu wichtig, das ist einmal richtig; doch nicht sündig gnug. Unsers Gottes büssen und sein blut-vergiessen und sein creuzes-fluch sinkt noch nicht mit dem gewicht bey uns in die herzen nieder, als in unsre brüder.

[1966] 7.

Aber, du Gemeine! du beym wunden-scheine selge sünderin, weist du, wie wirs machen, daß der kopf des drachen uns nichts angewinn? schau, wir gehn zum creuz, und sehn unser Lämmlein ausgedehnet, bis das herze thränet.

8.

Doch, wir solten schwimmen, und darnach nicht glimmen, sondern lichterlob brennen alle stunden bey den Gottes-wunden, und seyn herzlich froh; aber, ach! wir bleiben nach, und weil wir nicht können fliegen, will der muth erliegen.

9.

Gottes-Lamm! du weis-fest, daß, was du uns heissest, iedes gerne thu, und du legst dem willen dein wort zu erfüllen auch wol kräfte zu; nur dein tod, mein HERR und Gott und die blutige gestalten solten ganzer walten.

10.

Auch muß man sich beugen über seinem zeugen und dem pilger-loos; hätt man alle zeiten seiner seligkeiten in der mutter-schooß recht erkannt, und angewandt, würde es in allen stükken mehr vom flekke rükken.

11.

Doch dem Gottes-Ältsten, der zu den gequältsten immer herzlich war, dank für all die blikke, von dem creuzes-glükke, die uns offenbar. Er ist dein, und du bist sein, und wir sind auch sein und deine, blutige Gemeine!

12.

Damit wolln wir schliessen; beyn verwundten füssen krigt ihr uns doch an, wenn gleich oft mit klagen, doch nicht in verzagen. Jesu todes-bann, bußkampfs-schweiß und blut so heiß appellirt ins Vaters throne a citatione.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. 12. Anhang zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2096. [Heilge sünder-heerde! ach!]. 2096. [Heilge sünder-heerde! ach!]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B9E5-9