1904.
Mel. Du heiliges kind, etc.
1.
Hier lieget ein thier der wunden vor dir, und wünscht sich in schrein, ins loch der gespaltenen seite hinein.
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3.
Vergraben im blut mit sinnen und muth, verliebt und vergafft in deiner fünf wunden durchstrahlende kraft:
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7.
Erhangen vor schmerz ums blutige herz, und sonst keiner lust, als aus den fünf heiligen wunden, bewust:
8.
Mit weinen verliebt, und darum betrübt, daß ich meinen mann noch üben, und seiner seel wehe thun kan:
9.
Frey ohne gebot, und nicht mehr aus noth, ein sünder, und klein, geneigt in dem innern zum stäubelein seyn:
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12.
Recht von der natur der blutgen tinctur vom plane belehrt, der für meine glieder als jüngling (jungfer, ehmann, ehweib, witwe, knäblein, mägdlein) gehört:
13.
Und dabey im fleisch so heilig und keusch, als wär ich das Lamm, das auch in die hütte der menschlichkeit kam:
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16.
So wünschte ich mir, mein Lämmlein! vor dir noch heute zu stehn, und dir unverwandt auf das herze zu sehn.
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18.
Du nahmest mich ein in deine Gemein; der sünder ihr loos das fiel mir mit all seinem glük in den schoos.
19.
Gedenk ich daran, mein ewiger mann, wie ich dich geübt, und wie ich dich schon seit der stunde betrübt;
20.
So bleib ich in schuld, [1828] und deine gedult, die vor mir erscheint, macht, daß sich mein herze recht vor dir zerweint.
21.
Noch bringet mir schmerz und freude ins herz, wenn ich es betracht, daß du mich zum mahl deines fleisches gebracht.
22.
Da leibtest du mich, mein Lämmlein! in dich, in seligen schrein des leibs der mit blute durchgangnen Gemein.
23.
Die göttliche flamm und menschliche scham, die ich da empfand, die bringet mein herze noch immer in brand.
24.
Nur wäre ich gern vom blutigen stern beständig durchstrahlt, und hätt dich mir immer vor augen gemahlt.
25.
Ich liebe dich zwar, doch lange nicht gar; bin nicht so entbrennt, daß ich mit mir selber zufrieden seyn könt.
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30.
Es ist mir doch so, eh bin ich nicht froh, als wenn ich die füß und ihre geheiligte narben umschließ.
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32.
Ich bleibe vor dir ein sündiges thier, dein schächer, dein staub, ein lohn deiner schmerzen, dein ewiger raub.