2224.

Mel. Nun danket alle Gott.


1.

Ich armes würmelein im grunde gantz verdorben doch von dem Lämmelein mit blutgem schweiß erworben ich stell mich heute dar so wie ich bin und war und küß die nägel-maal vor meine gnaden-wahl.

2.

Denk ich an deine huld, Mann! mit zerhaunen sehnen, und das was ich verschuld't, so schmelzt mein herz in thränen, so gehts durch mark und bein, und kan mich nichts erfreun als nur dein opferblut vergossen mir zu gut.

3.

Mein herze ist entbrennt, und fühlet sünder-liebe: ich bin von dir erkennt, drum gehen meine triebe auf dich, mein Lamm! hinein, doch find't sich neben ein was mich real beschäm', worüber ich mich gräm'.

4.

Wär ich kein sünderlein und schmekte keine wunden, stünd mir dein herzelein nicht offen alle stunden, so könnt ich nicht bestehn, ich würd zu grunde gehn, gleich wie ein vögelein das ohne luft muß seyn.

5.

So aber bleib ich licht bey aller schaam und beugung, kommt mir was ins gesicht, so fühlt mein herze neigung, anstatt zu raisonirn, mich lieber zu verliern ins blutge brünnelein, für alle sünderlein.

[2107] 6.

Ein Creuz-luft-vögelein zu seyn ist mein gelükke, ich flieg ins nestelein, und seh beym blutgen blikke ins herz von meinem Mann, der nichts als lieben kan; das gibt bey allem leid mir neue seligkeit.

7.

Wunden und närbelein, die bleiben meine freude; die blutgen schweiß-tröpflein sind meines herzens weide, und in der seiten-hohl ist meiner seel so wohl, daß ich mich oft besinn' ob ich, und wo ich bin?

8.

O adorable spalt, und ihr vier nägel-näte! ihr schafft mir aufenthalt, tisch, bette und geräthe, daheim und auf der reis; drum sey dir ehr und preis, du heilger seiten-schrein! du bleibst mein kämmerlein.

9.

Lamm! habe tausend dank für diese wahl der gnaden; nichts als der wunden klang hat mich dazu geladen, nun bleibt mir, deinem lohn, der philadelphsche thon alleine meine freud, in zeit und ewigkeit.

10.

Auch bitte ich dich heut, gib mir bey dem geschäfte dazu du mich geweyht, gesalbte stäubleins kräfte, und eines kindes muth, besprengt mit deinem Blut, so wird selbst mein versehn nicht leichte zum vergehn.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 2. Zugabe. 2224. [Ich armes würmelein im grunde gantz verdorben]. 2224. [Ich armes würmelein im grunde gantz verdorben]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-BBD7-8