60. Ueber das Kranken-Bette der Frau Fürstin von Rudelstadt, geb. Herzogin zu Saalfeld 1
1727.
Seelen-Freund! hier liegt ein Herze,
Das Dich unter allem Schmerze
Gerne frölich loben wolte,
Wie ein treues Herze solte.
[167]
Wehethun ist bey der Liebe
Einer der gewohntsten Triebe;
Wer dem Herrn am Herzen lieget,
Wird nicht allezeit gewieget.
Höchste Lust und Herz-Vergnügen,
Ich will Dir zu Füssen liegen,
Mag mich doch die Welt verhöhnen,
Wie Marien Magdalenen.
Ziehe mich, damit ich laufe,
Taufe mich mit Deiner Taufe;
Um den Sitz in Deinen Reichen
Wollen wir uns schon vergleichen.
Schöner Bräutigam der Seele!
Mich beschwert die Leibes-Höhle,
Und mein Geist, das freye Wesen,
Wird im Sterben erst genesen.
Christi Last ist leicht zu tragen,
Der wird niemand gerne plagen:
Die die Züchtigung erdulden
Mögen Gott, als Vater, hulden.
Unser Wandel ist im Himmel,
Ueber alles Welt-Getümmel:
Der verderbten Erd entweichen,
Wäre mir ein Gnaden-Zeichen.
Schöpfer, hier ist Dein Geschöpfe,
Der geringste Deiner Töpfe,
Du magst brechen oder bauen,
Laß mich nur Dein Antlitz schauen.
Führst Du meinen Leibes-Schatten
Rükwerts zu dem Ehegatten,
Und zu meinen beyden Kindern,
Will ichs eben auch nicht hindern.
[168]
Zeige mir nur Deinen Willen,
Der soll meine Seele stillen:
Denn in Deinem Willen schweben
Das ist einer Seele Leben.
Sieger über Tod und Hölle,
Laß die kranke Lager-Stelle,
Und die mancherley Beschwerden,
Mir zu einer Schule werden!
Ringe nur mit Deinem Kinde,
So doch, daß ich überwinde,
So wird aus den bittern Quellen
Eine Fluth des Lebens schwellen.
Fußnoten
1 In ihrem Namen.