609. Kartenspieler.

1.

Wo jetzt das Gasthaus von Weitendorf (bei Sternberg) steht, war früher schon ein solches, das aber abbrannte. Eines Abends saß der Wirth desselben mit zwei Gästen am Tisch und spielte Karten. Der eine Gast verlor viel Geld und gerieth darüber in ein arges Fluchen. Nach einiger Zeit trat ein Fremder herein und bat mitspielen zu dürfen. An ihn verlor der Gast auch viel Geld, das er unter Flüchen bezahlte. Um Mitternacht fiel dem Wirth eine Karte unter den Tisch. Als er sie aufhob, bemerkte er, daß der Fremde einen Pferdefuß und einen Krähenfuß habe. Da nahm er die Kreide und schrieb vor sich auf den Tisch ›Jesus Christus hat mich erlöst.‹ Der andre Gast, der nicht geflucht hatte, that dasselbe, der Flucher aber nicht. Da sprang der Fremde auf, packte den Gast am Kragen und fuhr mit ihm durch die Wand, an der eine große Stelle mit Blut bespritzt wurde. So oft man sie auch weißte, kam das Blut immer wieder zum Vorschein, und als das Haus abbrannte, blieb allein diese Wand stehen.


Von einem Seminaristen in Neukloster; vgl. zu dieser und den folgenden Erzählungen Müllenhoff Nr. 204. WS. 266.

2.

Zu Anfang dieses Jahrhunderts wollten mal zwei Sandhäger Bauern am Sonntag nach Westenbrügge (bei Kröpelin) zum Abendmahl gehen. Am Sonnabend gingen sie der Sitte gemäß zur [434] Beichte. Nach derselben begaben sie sich in den Krug des Dorfes, wo sie mit einem Bekannten aus Kröpelin und dem Wirthe sich zum Kartenspiel setzten. Sie spielten die Nacht hindurch und den folgenden Tag und vergaßen ganz, daß sie zum Abendmahl wollten. Es wurde Sonntag Abend; Mitternachts trat ein Fremder herein u.s.w. (wie in Nr. 1). Derjenige, dem die Karte heruntergefallen, schrieb auf den Tisch ›Christi Blut und Gerechtigkeit‹ und forderte den Fremden auf, das zu lesen, worauf derselbe unter großem Gestank durch das verschlossene Fenster fuhr.


W. Barten, Seminarist.

3.

Vier Bauern in Westenbrügge wollten am Mittwoch vor Charfreitag zur Beichte gehen; als sie aber beim Kruge vorbeikamen, traten sie ein und spielten Karten. Sie spielten die Nacht hindurch, dann Gründonnerstag durch bis Charfreitag Abend. Da tritt ein Herr ein u.s.w. Derjenige, der den Pferdefuß gesehen, raunt es den andern ins Ohr und geht fort, um den Pfarrer zu holen. Inzwischen will der Teufel den ihm zunächst Sitzenden mitnehmen; dieser aber flüchtet zu der Wiege des Kindes des Wirthes und hält dasselbe dem Teufel entgegen. Jetzt kommt der Pfarrer und der Teufel fährt durchs Fenster.


H. Ohnesorge, vgl. Niederh. 4, 23 f. Danach fährt der Teufel mit dreien der Spieler durch die Wand, und noch heute foll im Kruge zu W. die blutige Stelle zu sehen sein.

4.

Im Kruge zu Satow (bei Doberan) wurde sehr viel Karten gespielt. Daran nahm auch ein Mann aus Mieckenhagen häufig Theil. Als er einst wieder mitspielt, kommt ein Mann in blauem Rocke herein, setzt sich neben ihn auf die Bank und sieht dem Kartenspiel zu. Dem einen Spieler fällt beim Mischen eine Karte unter den Tisch, wobei er den Pferdefuß gewahrt. Der Fremde geht mit glühenden Augen auf den Wirth los, da wirft die Frau, die grade das Kind auf dem Schoße hat, dasselbe ihrem Manne zu und schreibt mit der Kreide auf den Tisch ›Christi Blut und Gerechtigkeit‹. Da fährt der Fremde zum Fenster hinaus; dasselbe hat nie wieder durch Glas ersetzt werden können, so oft man auch welches einsetzte, immer ist es zerbrochen. Das Kind aber ist sein Leben lang blind geblieben.


Lehrer Fr. Haase in Rostock. Auch aus Lübtheen berichtet F. Diehn eine solche Spielergeschichte.

[435] 5.

In der Schenkstube des alten Kruges zu Kessin (bei Rostock) soll ein Fleck an der Wand sein, der alle Jahre neu auszuschlagen pflegt. Daran knüpft sich die Sage, daß einst am Sonntag Kessiner Bauern während der Kirchzeit im Kruge Karten spielten. Da tritt ein Jägersmann herein und nimmt an dem Spiele Theil. Einem Bauern fällt eine Karte auf die Erde und beim Bücken gewahrt er, daß der Jäger einen Pferde- und einen Krähenfuß hat. Bestürzt will er forteilen. Darüber entsteht Streit unter den Spielenden, da das Spiel noch nicht beendet ist. Der Jäger schlägt auch mit und nimmt den einen Bauern und wirft ihn an die Wand, daß das Blut sie bespritzt. Das ist der Fleck, der nicht zu beseitigen ist.


Seminarist H.H. in Neukloster.

6.

Im Herrenhause zu Linstow (zwischen Malchow und Güstrow) ist ein Zimmer, in dem es nicht geheuer ist. Eines Abends kommt der Herr, dessen Familie verreist war, mit Licht hinein. Da sieht er um einen Tisch drei Herren in rothen Röcken sitzen und Karten spielen. Der eine dreht sich nach ihm um und winkt ihm, auf dem vierten, leer stehenden Stuhle Platz zu nehmen. Wie er näher zusieht, bemerkt er, daß sie Todtenköpfe haben.


C.W. Stuhlmann in Schwaan. Im Jahre 1841 wurde das Fundament eines vor jenem Zimmer gelegenen Pferdestalles weggeräumt und da kamen dicht unter der Erde drei menschliche Gerippe zum Vorschein. Da hieß es unter den Arbeitern ›Dat sünd dei, de mit V. Korten hebben spelen wöllt.‹

7.

Auf der Mannhäger Mühle kamen vor Jahren eine Anzahl Männer zusammen, um Karten zu spielen, wobei sie lästerlich fluchten. Eines Abends spät trat ein schmucker Jägersmann ein, schaute eine Weile zu und bat dann um Erlaubniß, mitspielen zu dürfen, was ihm auch gewährt wurde. Nach einiger Zeit fiel einem der Spieler eine Karte herunter; die Wirthin leuchtete unter den Tisch und sah zu ihrem Entsetzen an dem Jäger einen Hühner- und einen Pferdefuß. Rasch langte sie nach dem Bücherbrett über der Stubenthür, holte das Gesangbuch herunter und schlug es auf. Sie traf auf das Lied Nr. 202, das sie nun laut vorlas. Da fuhr der Fremde mit abscheulichem Gestank durch das Fenster, so daß er ein ganzes Fach davon mit sich riß.


Küster Schwartz in Bellin.

8.

An einer Wand der Kirche zu Rehna sieht man Blutflecken, die, so oft sie auch übertüncht wurden, immer wieder vorkommen. [436] Man erzählt, daß, als Rehna noch ein Nonnenkloster war, einmal am Charfreitag in einem Seitenschiff der Kirche ein Geistlicher des Klosters und ein Laie Karten spielten. Plötzlich erhielt der Laie von unsichtbarer Hand eine Ohrfeige, daß Blut und Gehirn an die Wand spritzten und er todt niedersank.


Von einem Seminaristen aus Crivitz.


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TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. 609. Kartenspieler. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-EB52-6