676.

Ich reiste im vorigen Monate durch ein, eine Meile von hier gelegenes schwerinsches Klosterdorf, in welchem etwa hundert Schritte hinter dem Hause eines Bauern auf der Wörde zwei junge Leute mit einer mir auffallenden Arbeit beschäftigt waren, was mich veranlaßte, den Beiden mich zu nahen. In einem in der Erde stehenden Pfahl nämlich befand oben sich ein Loch von etwa einem Zoll Durchmesser, worin eine, mit einem Stricke umwundene Welle steckte, welche mit Pech und anderen feuerfangenden Materien beschmiert war. Jeder dieser zwei Leute hatte ein Ende des Strickes gefaßt und arbeiteten die Welle in dem Pfahlloche dermaßen herum, daß der klare Schweiß ihnen von der Stirne troff. Auf meine Frage, zu welchem Zwecke solches geschehe, erhielt ich keine Antwort. Da endlich trat ein altes Mütterchen aus der hintern Hausthür, und ich wandte mit derselben Frage mich an diese. Die offenherzige Alte begann nun ›Je, seihn S', leiw' Herr, mang uns' Swin is dat Für (d.i. Bräune), un [150] dat is 'ne bös' Sak, as Sei woll weiten; dorüm säln min Sähns en Nodfür anmaken; denn twei Bräuder möten 't jo ümmer sin, ore ok twei, de enerlei Döpnams hewwen, as Sei woll weiten. Dat Holt dor in dat Pahllock möt nu so lang swinn herümdreigt warden, bet dat Strick, wat min Sähns fat't hewwen, an tau brennen fangt.‹ ›Un dat,‹ fiel ich der Alten ins Wort, ›is dat Nodfür?‹ ›J, ne doch, leiw' Herr,‹ fuhr sie weiter fort, indem sie auf einen in der Nähe liegenden Haufen Strauchholz und Lumpen zeigte, ›seihn S' dor! Wenn dat Strick brennt, denn ward dat in den Hümpel Strück smeten.‹ ›Un wat schüht denn?‹ fragte ich weiter. ›Je, nu, dörch dit Für warden de kranken Swin hendörch drewen, as Sei woll weiten, leiw' Herr, wat äwerst woll Nix warden ward; denn sit Sün'nupgang hewwen s' all Beid vör Allgewalt arbeit't – darf in 't ganze Dörp jo ok ken Für up 'n Hierd wesen, as Sei woll weiten; äwerst de Lüd – – –.‹


Rostocker Zeitung 21. Juli 1868.

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TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg. Zweiter Band: Gebräuche und Aberglaube. Gebräuche und Aberglaube. Haus und Hof. 676. [Ich reiste im vorigen Monate durch ein]. 676. [Ich reiste im vorigen Monate durch ein]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-F168-1