617. Sage vom Kloster Allerheiligen.
Feuilleton des deutschen Volksblattes 1856 v. 9. Juli.
Im hintersten Bergtobel des Lierbacher Thals, in einer der rauhesten und groteskesten Gegenden des Schwarzwaldes, liegen noch die Trümmer des ehemaligen Klosters »Allerheiligen«. Die Sage in den Klosterbüchern von dessen Entstehung ist folgende: Die hl. Uta (von Schauenburg, die Tochter des reichen Pfalzgrafen Gottfried von Calw und der schönen Luitgard von Zähringen, vermählt zuerst mit einem Grafen von Eberstein und nach dessen frühem Tode mit Graf Welf von Altorf) hatte schon lange den Gedanken gehegt, in der [388] Gegend ihres Wohnsitzes ein Gotteshaus zu gründen. Da sie aber über die Wahl der Gegend mit sich nicht einig werden konnte, so beschloß sie, ihr Vorhaben der Fügung des Himmels anheim zu geben. Am Tage der hl. Ursula belud sie daher einen Esel mit dem Geld, welches für die Stiftung bestimmt war, und ließ ihn ungehindert seines Weges gehen, um da, wo er sich zuerst niederlegen würde, ein Gotteshaus zu erbauen. Das schwerbeladene Thier, von einigen Knechten gefolgt und beobachtet, lief von Schauenburg (in der Ortenau) durch die benachbarten kleinen Thäler aufwärts und erreichte nach zwei Stunden den Sohlberg, wo es, vom Durste geplagt, eine Quelle aufstampfte und sich aus ihr labte, wovon noch heutigen Tages ein Brunnen mit steinerner Einfassung berichtet mit der Inschrift:»anno 1191 ward hier ein Esel durch geführt, von dessen Huf der brunn herrührt.« Frisch gestärkt sezte hierauf der Esel seinen Weg weiter fort bis auf die Höhe des Berges. Hier endlich, gedrückt von seiner Last, warf er dieselbe ab und lagerte sich. Da wurde das Kloster erbaut 1.
Fußnoten
1 Vgl. Schnezler II. 44. (geversete Sage).