65. Einfüßle im Nonnenhaus.

Mündlich von Tübingen.


In einem, dem sogenannten Nonnenhaus zu Tübingen gehörenden, Nebengebäude weiß man seit alten Zeiten her viel vom, »Einfüßle« zu erzählen. Es ist ein kleines, winziges, kohlrabenschwarzes Männlein mit nur einem Fuß und einem der Kapuze ähnlichen Käppchen. In der Scheuer, besonders zur Adventszeit, ließ es sich oft sehen und hören, ergözte sich oft Tage und Nächte lang mit Fruchtmessen, Geldzählen, und hatte seine besondere Freude daran, die Leute recht zu necken und zu erschrecken. So warf Einfüßchen oft, wenn die Leute in der Scheuer arbeiteten, vom obersten Kräch herunter das Heuseil, trippelte die Stiegen auf und ab, besonders gegen Abend. Mal riefen Kinder unter dem Scheuerthor zum Spaß: »Einfüßle, Einfüßle, komm!« Auf einmal trippelte Einfüßchen heran, so schnell als wie Einer mit zwei Füßen. Die Kinder sprangen erschrocken [51] davon, nur ein Bube fiel, und das freute Einfüßchen so, daß es laut auflachte und wieder in die Scheuer zurückkehrte 1.

Fußnoten

1 W.M. Ztschr. IV. 168. Ueber die spitze Mütze der Hausgeister Wolf, Beitr. II. 333. Das Lachen der Kobolde: Grimm, Myth. I. 469. 479.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Birlinger, Anton. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen, Volksaberglauben. 1.. 65. Einfüßle im Nonnenhaus. 65. Einfüßle im Nonnenhaus. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-FE31-A